Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
276 Beziehungen des Magnetismus zu anderen Erscheinungen. 
man statische Elektricitát, z. B. von einer Leydener Batterie!) sich entladen 
lässt. Die kriftigste Wirkung erhält man natürlich durch Elektromagnete, die 
denn auch meist benutzt werden; am geeignetsten ist dabei die ihnen durch 
RUHMKORFF gegebene Gestalt (pag. 164), die man dadurch modificirt, dass man 
die beiden Eisenkerne, welche mit den magnetisirendea Spulen umwunden sind, 
durchbohrt, so dass ein Lichtstrahl ungehindert die ganze Lánge des Magneten 
durchlaufen kann. Die zu untersuchenden Substanzen bringt man dann zwischen 
die beiden Polflächen, den Polarisator verbindet man mit dem #ussersten Ende 
des einen, den Analysator und seinen Drehkreis mit dem Ende des anderen 
Schenkels. Flüssigkeiten und Gase schliesst man in Róhren ein und diese 
letzteren durch Glasplatten. ab, muss dann aber berücksichtigen, dass diese 
Platten ebenfalls eine Drehung veranlassen. Zur Verdoppelung der Wirkung 
und um gewisse Fehlerquellen auszuschliessen, vergleicht man meist nicht die 
Einstellung des Analysators vor und nach Herstellung des Feldes, sondern bei 
Erregung des Feldes in den beiden entgegengesetzten Richtungen. Um die 
Erscheinung in Füllen, wo sie sehr schwach ist, noch weiter zu verstärken, kann 
man nach Fanapav?) ein Multiplikationsverfahren anwenden, indem man dem 
Lichte nur an einer Randstelle der vorderen Flüche der Substanz den Eintritt 
und nur an einer entgegengesetzten Randstelle der hinteren Flüche den Austritt 
erlaubt, so dass es gezwungen ist, wiederholt (10—20 Mal) in dem Koórper hin- 
und herzugehen, ehe es austreten und sich weiter fortpflanzen kann; über die 
Berechtigung dieser Methode vergleiche man w. u. 
Die Aufgabe, welche die in Rede stehende Erscheinung darbietet, ist eine 
sehr zusammengesetzte. Es ist zunàchst der Sinn der Drehung (in Beziehung 
zur Richtung des Feldes) festzustellen, dann sind die Faktoren zu untersuchen, 
von denen die Drehung abhängt, und schliesslich ist der Betrag der Drehung 
für die verschiedenen Körper und unter verschiedenen Umständen zu messen. 
Von jenen Faktoren sind die wichtigsten: die Dicke der vom Lichte durch- 
laufenen Schicht der Substanz, die Neigung, welche diese Richtung gegen die 
Richtung des magnetischen Feldes hat, die Stärke des magnetischen Feldes, die 
Wellenlänge des Lichts, um dessen Drehung es sich handelt, endlich die Tem- 
peratur, der Druck. u. s. w. Schliesslich ist dann ein absolutes Maass für die 
erhaltenen Zahlen zu wählen und in diesem wenigstens eine der gefundenen 
Zahlen auszudrücken. 
Sinn der Drehung. Die ersten Stoffe, welche man untersuchte, zeigten 
sämmtlich eine Drehung in demselben Sinne, nämlich in. demjenigen Sinne, in 
welchem der Strom die Substanz umkreist, der das Feld erzeugt oder den man 
als felderzeugend substituiren könnte. Später fand sich aber, dass manche 
Substanzen entgegengesetzt drehen, so dass man die zuerst bezeichnete Drehung 
eine positive, die zuletzt genannte eine negative Drehung nannte, und es zeigte sich, 
dass diamagnetische Stoffe eine negative, paramagnetische eine positive Drehung 
besitzen. — Aber auch diese Regel bestätigt sich nicht allgemein, und so hat 
man denn vier Klassen von Körpern zu unterscheiden, je nachdem bei ihnen 
die Susceptibilität x positiv oder negativ und je nachdem bei ihnen die Drehung o 
positiv oder negativ ist. Eine Uebersicht über die wichtigsten Vertreter dieser 
!) BICHAT u. BLONDLOT, Compt. rend. 94, pag. 1590. 1882. — LODGE, Phil. Mag. (5) 27, 
pag. 339. 1880. 
?) FARADAY, Phil. Mag (3) 29, pag. 153. 1846. 
 
	        
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