Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

   
  
  
  
BIOT-SAVART’sches Gesetz. 299 
sich nur um durch die Asymmetrie der ursprünglichen Configuration verwickelte 
Drehungserscheinungen handelt, und es bietet daher auch kaum Interesse dar, 
diesen Fällen näher zu treten. Dagegen folgt aus dem drehenden Charakter der 
Wirkung manche wichtige Einzelheit, insbesondere der Satz, dass eine Nadel 
unter Einwirkung eines Stromes im indifferenten Gleichgewicht ist, sich also 
auch nicht bewegt, wenn sie entweder nur in der den Strom enthaltenden Ebene 
oder nur um dıe Stromlinie als Axe drehbar ist. 
BioTr-SAvaRT'sches Gesetz. Bisher ist nur vom Sinn und vom Wesen 
der Wirkung die Rede gewesen. Ihr vollstándiges Gesetz ist von BrioT und 
SAVARTÍ) aufgéstellt worden und heisst seitdem Bior-SavaRT'sches Gesetz. Es 
sagt zunächst aus, dass die Wirkung eines unendlich langen geradlinigen Stromes 
auf einen Magnetpol der senkrechten Entfernung zwischen beiden umgekehrt 
proportional ist, und lässt sich entweder durch Beobachtung der Schwingungs- 
dauer in verschiedenen Abständen vom Strome — entweder unter Ausschluss 
oder unter geeigneter Berücksichtigung der Wirkung des Erdmagnetismus — 
beweisen, wobei man die Schwingungsdauern den Quadratwurzeln aus den Ab- 
ständen, die Quadrate der Schwingungsdauern also den Abständen direkt 
proportional und folglich die Kräfte den Abständen umgekehrt proportional 
findet; oder mit Benutzung der Thatsache, dass ein um den verticalen Strom 
als Axe in horizontaler Ebene drehbarer, auf ihn hinweisender Magnet (den 
man zu diesem Zwecke z. B. auf einen hölzernen, um den Strom concentrisch 
aufgehängten Ring auflegen kann) im indifferenten Gleichgewichte ist, sich also 
nicht dreht, woraus folgt, dass die Drehungsmomente auf den näheren und den 
entfernteren Pol einander gleich sind, also die Kräfte sich umgekehrt wie die 
Hebelarme, d. h. wie die Abstánde verhalten?). Das Gesetz gilt also in gleicher 
Weise für ganze Magnete wie (als Abstraction) für einzelne Pole. Dass die Kraft 
ferner mit der Stromstärke (resp. der sich entladenden Elektricititsmenge) und 
mit der Polstárke proportional ist, kann man durch Varirung dieser beiden 
Grössen ermitteln. Damit erhált man das Bior-SAvaRT'sche Gesetz für die 
Kraft X eines unendlich langen geradlinigen Stromes auf einen Magnetpol in 
der Form 
= cim 
K — : 
7 
  
Der Fall eines unendlich iangen, geradlinigen Stromes lásst sich in der Praxis 
natürlich nicht streng, wohl aber thatsáchlich realisiren, indem man ihn genügend 
lang wählt und durch Theile, die in genügender Entfernung von der Magnetnadel 
verlaufen, zu einem geschlossenen Kreise, der auch die elektromotorische Kratt 
enthält, vervollständigt. 
Magnetisches Feld und Potential eines geraden Stromes. Da 
ein Magnetpol durch einen geraden Strom eine seitliche Kraftwirkung erfährt 
und diese Wirkung bei der seitlichen Bewegung des Pols immer weiter andauert, 
so erhält man als Kraftlinie einen Kreis mit der Strombahn als Axe und als 
System der Kraftlinien sämmtliche Kreise, deren Ebenen auf der Strom- 
bahn senkrecht stehen. Die hierauf senkrechten Niveauflächen sind folglich die 
sämmtlichen Ebenen, welche die Strombahn enthalten. Man erkennt die Ana- 
logie dieser Verhältnisse mit denen einer Wirbelaxe und des diese Axe um- 
gebenden geraden Wirbelfadens (I, pag. 445); man wird sich also auch die von 
1) Biot und SAVART, Ann. Chim, Phys. 15, pag. 222. 1820. 
?) MAXWELL, El. u. Magn. 2, pag. 170. 
     
  
     
  
   
    
  
  
  
  
  
   
   
    
   
  
  
  
  
  
  
    
     
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
   
  
   
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.