Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

Elektromagnetismus. 
umgekehrt: Steht man auf der Nordfláche einer Schale und sieht man den 
áquivalenten, am Rande hinfliessenden Strom an, so fliesst dieser von rechts 
nach links. Damit bestimmt sich dann auch der Sinn der Normale z in obiger 
Formel. Denkt man sich nämlich im Strome so liegend, dass er von den Füssen 
nach dem Kopfe geht, und dass man die vom Strome begrenzte Fläche zur 
Linken hat: dann geht die Normale z nach hinten. 
4) Endlich ist hervorzuheben, dass die Aequivalenz zwischen den Strómen 
und Magneten keine uneingeschränkte ist. Betrachtet man nämlich zuerst einen 
einfachen geschlossenen Strom und die entsprechende einfache Schale, so ist das 
Potential des ersteren für den Pol 1 überall gleich zw, es ändert sich stetig, 
wenn der Pol verschoben wird, auch wenn er hierbei durch die von dem Strome 
eingeschlossene Fläche hindurchgeht (nur darf er nicht in die Stromlinie selbst 
hineingerathen), und es ist andererseits in einem und demselben Punkte viel- 
deutig, wobei die einzelnen Werthe sich um je 4x7 unterscheiden. Dagegen ist 
das Potential der Schale nur im äusseren Raume gleich Jo, wenn J die Stürke 
der Magnetisirung der Schale ist, im Inneren, d. h. zwischen den beiden 
Schaalenoberflächen, hat es dagegen andere Werthe (vergl. pag. 41); es ist ferner 
unstetig, insofern seine Werthe für Punkte, die unendlich dicht zu beiden Seiten 
der Schale einander gegenüber liegen, um 4«z/ verschieden sind, und es ist 
drittens überall eindeutig. Dem ähnlich verhält es sich bei einer Spule im Ver- 
gleich zu einem Magneten; die Wirkung nach aussen kann bei beiden durch 
die Endbelegungen oder Pole repräsentirt werden; will man die Vergleichung 
auch auf das Innere übertragen, so muss man eventuell auf den Begriff der 
magnetischen Induction U (pag. 145) zurückgreifen und diesen dann auf die 
elektromagnetische Kraft übertragen. Dabei sei noch bemerkt, dass man nicht 
etwa die Spule, weil sie innen hohl ist, mit einem hohlen Magneten vergleichen 
darf; man überzeugt sich vielmehr leicht, dass die Wirkungen beider Gebilde im 
Innern durchaus nicht gleich, sondern in gewissem Sinne geradezu entgegen- 
gesetzt sind. 
Man kann von der Aequivalenz zwischen Strömen und Magneten einen 
doppelten Gebrauch machen, indem man entweder Magnete an die Stelle von 
Strömen oder Ströme an die Stelle von Magneten setzt; meist wird sich aus klar 
liegenden Gründen das Erstere empfehlen. 
AMwPERE'sche Theorie des Magnetismus. Eine áusserst sinnreiche An- 
wendung der besprochenen Aequivalenz, nicht in praktischer, sondern in theore- 
tischer Richtung, hat AMPERE gemacht, indem er, wie schon auí pag. 161 erwähnt 
worden ist, die Hypothese aufstellte, dass der Magnetismus nicht eine besondere 
Erscheinung sei, sondern auf unendlich kleinen, die Theilchen der Kórper um- 
kreisenden Strómen beruhe!) Es wird also gewissermaassen jeder der magneti- 
schen Fáden, in welche der Magnet zerlegt werden kann, durch ein Solenoid 
ersetzt. Einfacher wäre es ja, den ganzen Magneten von Strömen umkreist 
werden zu lassen, aber dann würde die Aequivalenz für das Innere nicht statt- 
finden, und es würden auch andere Schwierigkeiten auftreten. Wie es nun zwei 
verschiedene magnetische Theorien des Magnetismus giebt, so sind auch zwei 
elektrische denkbar, bei deren einer, der Scheidungshypothese entsprechenden, die 
AMPERE'schen Stróme erst bei der Magnetisirung durch elektrische Induction 
erregt, bei deren anderer, der Drehungshypothese entsprechenden, sie stets cirku- 
!) AMPÈRE, Ann. Chim. Phys. r5, pag. 70 und 170. 1820; Mem. s. l th. d. phén. 
electrodyn. Paris 1826, pag. 323. 
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
  
  
   
     
   
   
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