Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
cae. n A 
30 Magnetismus. 
kleine Theil eines Magneten ist wieder ein Magnet. Hierdurch ergiebt sich zur 
Evidenz, dass der Magnetismus eine den kleinsten Theilen eigenthümliche Eigen- 
schaft ist, also, wenn man sich die Materie aus Molekeln zusammengesetzt denkt, 
eine molekulare. Man nennt diese kleinen Magnete demgemäss Molekular- 
Magnete. Jeder Molekular-Magnet enthält daher nördlichen und südlichen 
Magnetismus, was man sich auch zunächst hierunter vorstellen möge. 
Eine weitere Specialisirung erhält diese Vorstellung insofern, als alle bis- 
herigen Erfahrungen dafür sprechen, dass jeder molekulare Magnet und folglich 
auch jeder endliche Magnet gleich viel positiven und negativen Magnetismus 
enthält. Die allgemeinste dieser Ertahrungen ist die, dass, je grösser die Ent- 
fernung wird, die Wirkung eines Magneten sich desto ausschliesslicher auf das 
Kräftepaar reducirt, was, wie wir sahen, bei einem einfachen Polpaar und somit 
auch bei einem Magneten, der aus lauter solchen zusammengesetzt gedacht werden 
kann, stattfinden muss, während bei einem Magneten, bei welchem die Pole der einen 
Art über diejenigen der anderen an Zahl oder Stärke überwiegen, die ver- 
schiebende Kraft auch für grosse Entfernungen von gleicher Grössenordnung 
bleiben müsste, wie die drehende Kraft. Das greifbarste Beispiel für diese 
Schlussfolgerungen bietet der Erdmagnetismus dar, und zwar seine vertikal nach 
unten wirkende Componente, wie sie bei einer Nadel zum Ausdruck kommt, 
welche sich nur in vertikaler Richtung, in dieser aber völlig frei, bewegen kann. 
Eine solche Nadel müsste nach unten gezogen werden, oder, da sie dies doch 
schon in Folge der Schwere wird, sie müsste stärker nach unten gezogen werden 
als durch die Schwere allein, mit anderen Worten, sie müsste, auf eine Wag- 
schale gelegt, ein grösseres Gewicht aufweisen, als bevor sie in den magne- 
tischen Zustand versetzt worden war. Das ist aber, zwar in früheren Jahr- 
hunderten wiederholt zu beobachten geglaubt, seitdem aber längst endgültig 
widerlegt worden. Ohne also über den Begriff »Magnetismus« sich irgend 
welche nähere Vorstellung machen zu müssen, kann man den Satz aufstellen: 
Die Summe des gesammten, in irgend einem Magneten enthaltenen 
Magnetismus, den der einen Art als positiven, den der anderen als 
negativen gerechnet, ist Null; in Formel: 
= mn mm 0. (23) 
Hieraus folgt nun sofort eine weitere Präcisirung unserer Vorstellungen. Es 
darf nämlich nie vorkommen, dass von einem Körper in einen anderen oder 
von einer Molekel in eine andere ein Uebergang von Magnetismus nur der 
einen Art, oder ein Uebergang von verschiedenen Mengen Magnetismus der 
beiden Arten stattfinde. Ein Uebergang gleicher Mengen beider Magnetismen 
dürfte stattfinden, aber es giebt keine Erscheinung, welche auf einen solchen 
positiv hinwiese, insbesondere erfolgt die Herstellung von Magneten (s. w. u.) 
mit Hilfe bereits magnetischer Kórper durchaus nicht auf Kosten des Magnetis- 
mus dieser letzteren. Man wird also schliessen dürfen, dass der Magnetismus 
an die Molekel gebunden ist, dass er eine molekulare Eigenschaft ist. Hier- 
durch unterscheidet er sich wesentlich von der auf Leitern befindlichen Elektri- 
cität, er verhàlt sich vielmehr ebenso wie die Elektricitát in den sogen. dielektri- 
schen Kórpern. 
Scheidungs- und Drehungshypothese. Was nun den Magnetismus 
der einzelnen Molekeln betrifft so kann man sich darüber verschiedene Vor- 
stellungen machen. Nach der einen enthält eine Molekel im unmagnetischen 
Zustande beide Magnetismen gleichfórmig durcheinander gemischt, im magneti- 
schen dagegen mehr oder weniger geschieden, so dass ein grósserer oder ge- 
  
 
	        
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