Lineare Leiter in Verbindung mit Condensatoren, — Periodische und aperiodische Ströme, 401
In wie weit die Einschaltung einer Funkenstrecke Abweichungen des
Entladungsstromes von der eben besprochenen Theorie bedingt, ist noch nicht
vollständig festgestellt. In seinen Entwickelungen findet G. KircHHorr!) in
qualitativer Beziehung die Resultate FEDDERSEN’s durch die Theorie bestätigt.
Jedoch fordert die Theorie Werthe für die Schwingungsdauer, welche nur etwa
halb so gross sind, wie die Beobachtung sie ergab. Nach einer Bemerkung von
LORENZ?) liegt dies aber daran, dass KIRCHHOFF bei der Berechnung der Capacität
der Leydener Flaschen deshalb zu kleine Werthe erhielt, weil er die Dielektricitäts-
constante des Glases zu klein annahm. Hiernach wird der Stromverlauf der
Hauptsache nach auch bei Vorhandensein von Funkenstrecken durch die obigen
Gleichungen ausgedrückt werden.
Das bei der Entladung von Leyvdener Flaschen Wechselstróme eintreten
kónnen und bei Schliessengskreisen von metallischen Leitern sogar gewóhnlich
vorkommen, ist durch vielfache weitere Untersuchungen nachgewiesen worden.
PaaLzow?) schaltete zu diesem Zweck in die Leitung GEISLER’sche Rohren
ein. Aus der in derselben eintretenden Lichterscheinung konnte, besonders bei
Einwirkung magnetischer Kráfte auf die Róhre oder mit Hilfe des rotirenden
Spiegels der oscillirende Charakter des Entladungsstromes festgestellt werden.
Ferner hat v. OETTINGEN*) direkt nachgewiesen, dass bei zunehmender
Funkenstrecke die Rückstánde der entladenen Leydener Flaschen periodisch ihr
Zeichen wecbselten, sodass die Entladung entweder mit einem positiven oder
mit einem negativen Werthe des Potentials aufgehört hatte. "Wir verweisen in
dieser Beziehung noch auf weitere Untersuchungen desselben Physikers ®).
Die Wärmewirkungen der Entladungsstrome wurden hauptsächlich von
P. Riess und KwocHENHAUER mit Hilfe des Luftthermometers9) untersucht. Die
in der ganzen Leitung erzeugte Wármemenge ist der Gesammtenergie der ent-
ladenen Elektricitát proportional. Es hatte sich ergeben:
wfT?dt = icA.
0
Ist die zur Ladung 4 erforderliche Elektricitátsmenge Z, so ist:
Bere 4d,
also:
wfdi=scd="T5—= 5 —. (68)
Die in diesen Formein enthaltenen Gesetze stimmen mit den Versuchs-
resultaten überein. Stets ist die Gesammtwürme, wenn nicht stórende Neben-
wirkungen eintreten, von der Form der Entladung unabhängig.
Die Wármewirkungen wurden auch für complicirtere Fálle untersucht, und
zwar für die Entladung durch ein verzweigtes Leitersystem [theoretisch behandelt
von FEDDERSEN?)| und für Leitungen, welche ihrerseits auf eine benachbarte
Leitung inducirend wirkt. Ist letztere in sich geschlossen (Nebenkreis), so handelt
es sich um das Gleichungssystem:
1) G. KIRCHHOFF, PoGG. Ann. 121, pag. 551. 1867.
2) LORENZ, WiED. Ann. 7, pag. 183. 1879.
3) PAALZOW, PoGG. Ann. 112, pag. 567. 1861; 118, pag. 178 und pag. 357. 1863.
^) v. OETTINGEN, POGG. Ann. 115, pag. 513. 1862.
5) PocG. Ann. 118, pag. 369. 1863; Jubelband, pag. 269. 1874; WIED. Ann. 2,
pag. 305. 1877; 34. pag. 570. 1888.
6) PoGG. Ann. 40, pag. 335. 1837; 43, pag. 36. 1838. — Rikss, Reibungselektricität 1 u. 2.
7) FEDDERSEN, PoGG. Ann. 130, pag. 439. 1863.
WINKELMANN, Physik IIL 2. 26