Induction in körperlichen Leitern; allgemeine Gesetze. 403
Elektrische Schwingungen in einem rein metallischen Schliessungskreis (ohne
Funkenstrecke) mit Condensator wurden zuerst von H. v. HELMHOLTZ!) unter-
sucht. Zu dem Zweck war die folgende Anordnung (Fig. 231) getroffen. Eine
constante Kette X’ steht mit einer Rolle X und einem Hebel 4B in Verbindung,
welcher um A drehbar ist. Erfolgt eine solche Drehung, so wird der Stromkreis
bei B unterbrochen. Rolle X inducirt dann einen Strom in der Rolle Æ', welche
mit der einen Belegung des Condensators C und mit einem zweiten Hebel À' 5’
(um A’ drehbar) metallisch verbunden ist. Der Inductionsstróm geht in elek-
trische Schwingungen über, wobei C abwechselnd geladen und entladen wird.
Die beiden Hebel werden durch ein herabfallendes Pendel P in dem Augenblick
unterbrochen, wo dasselbe durch seine Gleichgewichtslage geht. Der Hebel
A' B' kann durch eine Mikrometerschraube gegen 4 verschoben werden, so
dass die Unterbrechung des secundáren Stromes etwas spáter erfolgt, als die-
jenige des primáren. Dann bleibt der Condensator im Allgemeinen (positiv oder
negativ) geladen. Nur wenn gerade eine Schwingung der Potentialdifferenz (7)
abgelaufen ist, ist derselbe obne Ladung. Dies wurde anfánglich dadurch nach-
gewiesen, dass ein Froschschenkel in einer Verbindung der beiden Condensator-
belegungen nicht zuckte. Spiter wurde ein Quadrantelektrometer J£ eingeschaltet,
dessen Ausschlag die Ladung des Condensators nach Vorzeichen und Stärke
erkennen liess.
Nach dieser Methode hat N. ScHILLER?) eine Untersuchung ausgefiihrt, bei
welcher nicht allein die Theorie in aller Strenge bestätigt, sondern auch eine
Reihe von Messungen ausgeführt werden konnte, welche hauptsächlich Conden-
satorcapacitäten betrafen. Dabei musste jedoch ein Umstand beachtet werden.
Man erhält Schwingungen in dem secundären Kreis auch dann schon, wenn der
Condensator C überhaupt nicht vorhanden ist. Dieselben haben dann eine sehr
kleine Schwingungsdauer. Hieraus folgt, dass eine enggewundene Rolle als ein
Condensator von kleiner Capacitát anzusehen ist. Die Formel für die Schwingungs-
dauer der secundáren Leitung ist daher (angenáhert):
T— VP -- à
wo y die Capacität der Rolle, « diejenige des Condensators C ist.
Aehnliche Versuche, jedoch mit Benutzung eines rotirenden Disjunctors, hat
MovTOoN?) ausgeführt.
IV. Induction in kórperlichen Leitern.
A. Allgemeine Gesetze.
1. Vorbemerkung.
Wáhrend alle bisher behandelten Inductionserscheinungen in drahtfórmigen,
geschlossenen Leitungen aus dem Satz des verdnderlichen Kraftflusses hergeleitet
werden konnten, erfordert die Theorie der Induction in ráumlich ausgedehnten
Leitern eine Kenntniss der allgemeinsten Gesetze der Elektricitátsbewegungen.
Da das WrsER'sche Grundgesetz die Gesammtheit aller elektrischen Erscheinungen
umfassen sollte, so musste dasselbe diese allgemeinen Gleichungen ergeben.
Die hierzu nóthigen Entwickelungen wurden von G. KincHHorr?) ausgeführt.
1) H. v. HELMHOLTZ, Verhandl. d. naturh. medicinisch. Vereins, zu Heidelberg, 5, pag. 27
bis 31; Abhandl. 1, pag. 531.
7) N. ScuiLLER, PoGG. Ann. 152, pag. 535—565. 1874.
3) Mouton, Compt. rend. 82, pag. 84 und: 1387..1876. , Annales de,lécole norm. (2) 6,
pag. 193—265.
4) G. KiRCHHOFE, PoGG, Ann. 102, pag. 529.1857,
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