Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
Doppelbrechung und Temperaturinderung im elektrischen Felde. 549 
durch seine Ausdehnung eine ebenso orientirte Quarzplatte comprimirte und 
dadurch auf deren Endflüchen eine durch ein empfindliches Elektrometer nach- 
weisbare Elektricititsentwickelung veranlasste. Zu wirklichen Messungen eignete 
sich freilich dieser Apparat nicht; solche konnten aber für die Dilatation parallel 
der Y-Axe einfach mit Hilfe eines Fühlhebels und Mikroskops ausgeführt werden, 
weil sich in diesem Fall die Lángenánderung dadurch sehr steigern lüsst, dass 
man die Dimension der Quarzplatte parallel Y móglichst gross und gleichzeitig 
in der Richtung X senkrecht zu den zu ladenden Flächen môglichst klein macht. 
Die bei diesen Messungen von J. und P. Curız erhaltenen Resultate stimmten sehr 
gut mit denen überein, welche die Berechnung mit Hilfe der von ihnen bestimmten 
Constante ö,, ergab. — J. und P. Curie haben die elektrische Dilatation des 
Quarzes sogar zur Construction eines Elektrometers benutztl), welches vor den 
meisten anderen den Vortheil besitzt, dass seine Ausschläge in weiten Grenzen 
dem Potential einfach proportional sind. Dasselbe besteht aus zwei mit den Breit- 
seiten an einander gekitteten Quarzplatten von der eben beschriebenen Orientirung, 
welche bei der elektrischen Ladung entgegengesetzte Längenänderungen erleiden, 
so dass eine Krümmung der Doppelplatte entsteht, die mittelst mikroskopischer 
Ablesung genau messbar ist. 
IV. Aenderung der Doppelbrechung pi&zoelektrischer Krystalle im 
elektrischen Felde. 
RoNTGEN?) und KunpT?) haben nahezu gleichzeitig gefunden, dass ein 
Quarzkrystall, so in ein elektrisches Feld gebracht, dass die Kraftlinien senkrecht 
zur Hauptaxe verlaufen, optisch zweiaxig wird, und dass diese Aenderung 
der Doppelbrechung qualitativ mit derjenigen übereinstimmt, welche durch die 
soeben behandelte Deformation des Krystalles verursacht werden muss; dieser 
Erklárung schloss sich auch CzERMAK?) an, der die Erscheinung weiter verfolgte. 
PockELs5) hat jedoch gezeigt, dass sich die fraglichen optischen Aenderungen in 
vólliger Uebereinstimmung mit den Beobachtungen auch ohne die Voraussetzung, 
dass sie lediglich von den im elektrischen Felde stattfindenden Deformationen 
herrühren, aus den Symmetrieverbáltnissen ableiten lassen, und dass es erst 
quantitativer Untersuchungen bedart, um über die Richtigkeit dieser Annahme 
zu entscheiden. Derselbe hat sodann durch hierauf gerichtete Messungen?) für 
Quarz, Natriumchlorat und Seignettesalz nachgewiesen, dass die erwühnte An- 
nahme thatsächlich nicht zutrifft, mithin die elektrische Polarisation das optische 
Verhalten dieser Krystalle anders beeinflusst, als die mit ihr verbundene 
Deformation, wenn sie durch mechanische Einwirkung hervorgebracht wäre. 
V. Wirmeeffekt in pyroelektrischen Krystallen durch dielektrische 
Polarisation. 
Da die negative partielle Ableitung der freien Energie # nach der Temperatur 
die Entropie, bezw. deren Ueberschuss über diejenige im Normalzustande, 
liefert, so wird diese zufolge dem Ansatz VII: 
1) J. u. P. CuniE, Compt. rend. 106, pag. 1287. 1888. — Lumiére électr. 31, pag. 66. 1888. 
7) RÓNTGEN, WIED. Ann. 18, pag. 227 u. 547, 548. 1883; 19, pag. 320. 1883. 
3) KUNDT, WIED. Ann, 18, pag. 230. 1883. 
4) CzERMAK, Sitzungsber. Akad. d. Wiss. Wien. 97, (2), pag. 301— 324. 1888. 
5) PockeLs, N. Jahrb. f. Miner. Beilage. — Bd. 7, pag 201. 189o. 
$) PockELS, Einfluss des elektrostatischen Feldes auf das optische Verhalten piézoelektris che 
Krystalle. Abhandl. Ges. d. Wiss. Góttingen. Bd. 39. 1894. 
 
	        
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