Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
552 Erklärungsversuche für die elektrischen Erscheinungen, 
Was den elektrischen Strom, der dem Oxm'schen Gesetz folgt, betrifft, so 
legt zunächst die Thatsache, dass der Strom eine Richtung hat (was sich 
speciell aus den elektrolytischen Erscheinungen ergiebt), die Annahme nahe, 
dass das elektrische Fluidum selbst in den Leitern strömt. Da aber anderseits 
die Theorie zeigt!), dass im Innern eines constanten Stromes keine freie 
Elektricität vorhanden sein kann, so folgt nothwendig bei der Theorie zweier 
Fluida, dass die beiden Elektricitáten in gleichen Beträgen nach entgegengesetzten 
Seiten durch jeden Querschnitt fliessen. Der zuerst complicirt erscheinende 
Mechanismus einer solchen Doppelbewegung wird anschaulicher gemacht durch 
die elektrolytische Leitung, bei der die Elektricität an den Ionen haftet und sich 
mit ihnen bewegt. Bei dieser geht aus den Versuchen von HirTorr und anderen 
hervor, dass die Ionen sich thatsächlich in einer solchen Doppelbewegung 
befinden, dass die Anionen nach der einen Seite, die Kationen nach der anderen 
Seite im Stromkreis wandern. Der früher oft gegen die dualistische Theorie er- 
hobene Einwand in Folge der Unverständlichkeit dieser Doppelbewegung ist also 
nicht stichhaltig. 
Die KIRCHHOFF’sche Theorie, die für das Innere eines constanten Stromes 
keine freie Elektricität ergiebt, beruht übrigens auf einer Reihe von mechanischen 
Grundlagen, die BupDpE?) erórtert hat. 
Da ein wirklicher elektrischer Strom in einer Doppelbewegung der beiden 
Elektricitáten besteht, so ist von vornberein nicht zu sagen, ob die Bewegung 
einer einzigen Elektricitit durch Convection, also mit ihrem Träger, dieselben 
Wirkungen hat wie ein galvanischer Strom. Versuche darüber hat zunächst 
RowLAND?) angestellt, indem er zeigte, dass ein geladener Sektor einer Kreis- 
scheibe bei der Rotation dieser Kreisscheibe auf eine Magnetnadel ebenso wirkt 
wie ein im Kreise fliessender Strom. Aehnliche Versuche hat zunáchst LECHER %) 
mit negativem Erfolg wiederholt, dann aber wurden dieselben von RONTGEN 5) 
und insbesondere ausführlich von HriMsTEDT) und nochmals von RowLAND?) mit 
unzweifelhaft bejahender Antwort von Neuem angestellt. Es hat danach die 
convective Fortfübrung der Elektricitát einer Art dieselben elektromagnetischen 
Wirkungen wie ein elektrischer Strom. (Ueber gewisse Divergenzen zwischen 
Convectionsstrómen und gewóhnlichen galvanischen Strómen s. w. u. die Arbeiten 
von BoLTzMANN und AULINGER). Indess wáre es voreilig, aus dieser Thatsache 
zu schliessen, dass nun thatsáchlich in einem galvanischen Strom das elektrische 
Fluidum strómt. 
Das Onw'sche Gesetz setzt nun weiter die Intensitát des Stromes in jedem 
Moment proportional der in diesem Moment wirkenden elektromotorischen 
Kraft. Wenn thatsáchlich der Strom durch Strömung eines Fluidums hervor- 
gebracht wird, so kann dieses Fluidum danach keine Tráügheit besitzen, da 
sonst die Stromintensität nicht der augenblicklich herrschenden Kraft proportional 
wäre. Zu den wirkenden elektromotorischen Kräften muss man aber dabei auch 
die bei veränderlichem Strom etwa wirkenden Inductionskräfte hinzurechnen. 
1) KIRCHHOFF, Ges. Abh, pag. 49. 
2) Buppg, WIED. Ann. 15, pag. 558. 1882. 
3) RowLAND, PoGG. Ann. 158, pag. 487. 1875. 
4) LECHER, Rep. d. Phys. 20, pag. 151. 1884. 
5) RONTGEN, Berl. Ber. 1885, pag. 198; WIED. Ann. 40, pag. 93. 1890. 
6) HIMSTEDT, WIED. Ann. 38, pag. 560. 1889; WIED. Ann. 40, pag. 720. 1890. 
7) RowLAND und HUTCHINSON, Phil. Mag. 27, pag. 445. 1880. 
  
————— 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.