Compass. 87
Compass. Ein Apparat, der die umgekehrte Bestimmung hat wie ein
Deklinatorium, also in den Stand setzt, bei bekannter Grösse der magnetischen
Deklination aus dem magnetischen den astronomischen Meridian und damit
überhaupt die Himmelsrichtungen zu ermitteln, wird Compass genannt; er ge-
hört bekanntlich zu den ältesten und praktisch, besonders für die Schifffahrt
und Vermessungs- und Erdkunde wichtigsten Apparaten. Natürlich könnte man
ihn auch als Deklinometer benutzen, wenn er nicht für diesen Zweck zu wenig
genau und empfindlich wäre. Der gewöhnliche Reise- und Taschencompass ist
zu bekannt, als dass auf ihn hier näher einzugehen wäre, der Vermessungs-
compass andererseits liegt ausserhalb des Rahmens dieses Buchs. Der Schitfs-
compass besteht aus einer in einer horizontalen Ebene drehbaren, meist auf
eine Spitze gesetzten Magnetnadel, einer fest auf sie aufgelegten, getheilten oder
wenigstens mit einer Windrose versehenen, sich mitdrehenden Kreisscheibe und
einem festen, deren Peripherie umgebenden, sich nicht mitdrehenden Ringe,
auf welchem die Längsrichtung des Schiffes durch zwei Marken bezeichnet ist;
der feste Theil des Apparates ist durch cardanische Aufhängung von den Längs-
und Querschwankungen des Schiffes unabhängig gemacht. Da die Deklination
keine constante Grösse ist (s. Art. »Erdmagnetismus«), kann man auf der Scheibe
nicht direkt die astronomischen, sondern muss die magnetischen Richtungen
angeben und hieran bei jeder Ablesung die dem Orte und Zeitpunkte derselben
entsprechende Correction anbringen.
So einfach in so weit die Lehre vom Compass ist, so verwickelt gestaltet
sie sich, wenn man die Störungen oder Deviationen der Nadel durch den
Magnetismus des Schiffes berücksichtigen will, was namentlich seit theil-
weiser oder überwiegender Anwendung des Eisens beim Schiffsbau geradezu un-
umgänglich geworden ist. Der Magnetismus eines Schiffes lässt sich der Axen-
richtung nach in einen horizontalen und einen vertikalen Antheil zerlegen;
andererseits seinem Charakter nach in permanenten, subpermanenten und
temporären Magnetismus; sie rühren theils von der Lage her, welche die Eisen-
massen während ihrer mechanischen Bearbeitung dem Erdmagnetismus gegenüber
einnahmen, theils von der Lage, welche diese Massen während der Fahrt
des Schiffes dem Erdmagnetismus gegenüber annehmen; jener Theil ist von
constantem, resp. allmählich abnehmendem, dieser von fortwährend veränder-
lichem Betrage , veränderlich insbesondere mit der Schiffsrichtung, seinen
Schwankungen und der geographischen Breite, in der es sich befindet; aber
auch der constante Theil übt eine von der geographischen Breite abhängige
Wirkung auf die Compassnadel aus, weil diese Wirkung in ihrem Verhältniss
zu dem von der Breite abhängigen Erdmagnetismus in Betracht kommt. Ferner
ist diese Wirkung je nach der Art und Richtung des magnetischen Antheils,
von dem sie ausgeht, entweder von semicirkularem oder von quadrantalem
Charakter, d. h. sie wird nur bei zwei oder aber bei vier Stellungen des Schiffes
null und bei zwei resp. vier anderen ein Maximum oder Minimum. Aus alledem
geht hervor, dass die nächstliegende Idee, dem Schiffe Deviationstabellen mit-
zugeben, kaum durchführbar ist, und dass auch der Versuch, diese Deviationen
durch Magnet- und Eisenmassen, die man der Compassnadel in bestimmter
Form und Lage gegenüberstellt, zu compensiren, keine einfache Lósung zulassen
wird. "Trotzdem ist es den Bemiihungen von FLINDERS, Arry, Sir W. THOMSON
u. A., die übrigens noch bis in die neueste Zeit hinein fortgesetzt werden, ge-
lungen, eine im Grossen und Ganzen allen Anforderungen genügende Anordnung
aufzufinden. Bei der AiRv'schen Anordnung stellt man in der Nàhe des Com-