94 Allgemeine Einleitung in die Astronomie.
messer auch 15' angenommen wird, so wird dann, wenn die Entfernung des
Mondes von der Erde mit A', der Mondhalbmesser mit 6 bezeichnet wird
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S ux - A = = — mb, folglich à — > ise dV ms.
woraus d = 38913; A' = 589d folgt. Endlich nimmt KEPLER an, dass die
Entfernung der Fixsterne so oft die Saturnsbahn fasst, als diese den Sonnen-
durchmesser, und da die Saturnsbahn gleich 2179 Sonnendurchmesser ist, so
wäre die Entfernung der Fixsternsphäre 4750000 Sonnendurchmesser, oder 20730
Erdbahnhalbmesser, daher die jährliche Parallaxe der Fixsterne 9'^95 (nach
KrPLER 10"), also eine damals nicht zu bestimmende Grósse.
Auch in der in jenen Zeiten erst durch J. SCALIGER!) (1540— 1609) als
Wissenschaft begründeten Chronologie leistete KEPLER nicht unerhebliches; es
mag hier nur erwähnt werden, dass er sich für die im Jahre 1582 von GREGOR
XIII. durchgeführte Kalenderreform erklirte und dass er aus historischen und
astronomischen Angaben fand, dass das Geburtsjahr Christi fünf Jahre vor Beginn
der gewóhnlichen Zeitrechnung (aera ab incarnatione) zu setzen ist?).
Für die praktische Astronomie ist von besonderer Wichtigkeit die von
KEPLER auf rein theoretischem Wege gemachte Entdeckung des Fernrohrs. In
seinen beiden Werken »Astronomiae pars optica« und »Dioptrice« untersucht
er eingebend die Brechung der Lichtstrahlen, und stellt auch ein, allerdings un-
rchtiges, Brechungsgesetz auf, leitet daraus den Gang der Lichtstrahlen in
Linsen ab, wodurch er dann durch Combination zweier Convexlinsen auf das
astronomische Fernrohr geführt wurde. Dasselbe stand freilich damals an Leistungs-
fähigkeit dem gleichzeitig erfundenen GALILEI'schen oder holländischen Fernrohre
nach, aber es war der Keim zu dem heute ausnahmslos bei den astronomischen
Beobachtungen verwendeten.
Nebst diesen fiir die Fortschritte der praktischen Astronomie, der Beob-
achtungskunst wichtigen Entdeckungen muss hier noch in Kürze einer anderen
in jener Zeit eingeführten Neuerung gedacht werden, welche nicht minder wichtig
für den Fortschritt der rechnenden Astronomie war, nämlich der Erfindung der
Logarithmen, welche fast gleichzeitig von dem schon genannten J. Bürcı
(1552— 1632), von J. NEPER (1550—1617) und H. BriGGs (1556—1630) ge-
macht wurde. Alle drei Systeme unterscheiden sich in der Form, während sie
im Wesen als identisch bezeichnet werden müssen. Die Praxis bürgerte sich
bald in der Astronomie ein und schon KEPLER giebt in den Tabulae Rudolphinae
eine solche Logarithmentafel zur Erleichterung der astronomischen Rechnungen.
Eng verknüpft mit seinen Untersuchungen über die Bahnen der Himmels-
körper sind bei KEPLER seine Annahmen über die physikalischen Ursachen dieser
Bewegungen, über die in der Natur waltenden Kräfte. Wenngleich KEPLER sich
durch die Nichtübereinstimmung der Beobachtungen mit seiner Theorie wieder-
holt veranlasst fand, seine Ansichten zu modificiren, so liegt ihnen doch das
eine unveränderte Princip von der Anziehung der Himmelskörper, ähnlich der-
jenigen von magnetischen Körpern, zu Grunde. »Gravitas« ist bei KEPLER eine
Kraft, oder ein Vermögen, .in Folge dessen die Körper das Bestreben haben,
sich zu nähern und gegen einander zu bewegen; diese Kraft ist bei näheren
) Geboren in Caen; er studirte in Bordeaux und Paris, erhielt 1593 eine Professur in
Leiden, wo er bis zu seinem Tode blieb.
?) Eigentlich kónnte man nur sagen: »mindestens 4 Jahre vor dem Beginn der gewöhn-
lichen Zeitrechnung «.