Allgemeine Einleitung in die Astronomie.
Von
Dr. N. Herz.
Unter allen Wissenschaften nimmt ihrem Alter nach wohl den ersten Rang
die Astronomie: die Lehre von den Gestirnen, ihrer gegenseitigen Lage an der
Himmelskugel, ihren scheinbaren und wirklichen Bewegungen und deren Ur-
sachen, und ihrer physischen Beschaffenheit, ein. Je nach den verschiedenen
Gebieten, welche man vorzugsweise behandelt, unterscheidet man: 1) Die
sphárische Astronomie, welche auf Grundlage der Beziehungen zwischen den
gróssten Kreisen auf der Kugel die relative Lage der Gestirne an der Himmels-
kugel gegen einander und ihre absolute Lage gegen gewisse Coordinatensysteme
(s. d.) behandelt, die scheinbare Bewegung der Himmelskugel und die damit
im Zusammenhang stehenden Probleme erórtert, und auch die unter dem Namen
»geographische Ortsbestimmung« . (s. d. zusammengefassten Aufgaben löst;
2) die theoretische oder theorische Astronomie, welche die wirkliche Bewegung
der Himmelskórper untersucht, und deren Gesetze und Ursachen erforscht
(s. Bahnbestimmung und Mechanik des Himmels); 3) die physische Astronomie,
welche sich mit der physischen und chemischen Beschaffenheit der Himmels-
körper beschäftigt (s. Astrophysik); 4) die praktische Astronomie, deren Aufgabe
es ist, die zu den Beobachtungen dienenden Instrumente (s. d.) zu beschreiben,
deren Theorie auseinanderzusetzen, sowie auch die verschiedenen Beobachtungs-
und Reductionsmethoden darzulegen.
Schon in den iltesten Zeiten erkannte man durch den blossen Anblick des
gestirnten Himmels zunächst eine verschiedene Helligkeit der Sterne, nach welcher
man die mit freiem Auge gut sichtbaren Sterne bald in 6 Grossenklassen ein-
theilte. Man erkannte, dass die Gestirne mit wenigen Ausnahmen eine gegen
einander unveründerliche Lage hatten, als ob sie an der Himmelskugel angeheftet,
mit dieser jedoch in einer rotirenden Bewegung begriffen wáüren. Wegen ihrer
gegenseitigen, unveründerlichen Lage, vielleicht auch, weil man sie thatsách-
lich an einer grossen Hohlkugel angeheftet dachte, nannte man sie Fixsterne
[stellae fixae). Die Gesammtheit derselben theilte man in eine Anzahl von
Gruppen, den sogen. Sternbildern; von welchem Princip — wenn man von einem
solchen sprechen kann — oder von welchen Phantasiegebilden man sich dabei
VALENTINER, Astronomie, I. I