Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

  
  
  
  
  
  
Astrophotographie, 
1) Die Aufnahmen der Sonne. 
a) Das Photographiren im Brennpunkte einer Linse oder eines 
Spiegels. Zur Aufnahme der Sonne könnte man eigentlich jedes Fernrohr 
gebrauchen, wenn man seinen chemischen Focus ermittelt hat, der in den 
allermeisten Fällen vom optischen bedeutend abweicht. Die Spiegelteleskope 
lassen sich aber ohne Ausnahme zu diesem Zweck ganz vortrefflich verwenden. 
Wenn aber selbst der chemische Brennpunkt eines gewöhnlichen, für optische 
Strahlen achromatisirten Refractors noch so sorgfältig bestimmt worden, so ist 
das mit demselben erhaltene Resultat doch niemals ganz befriedigend, weil beim 
Achromatisiren dieser Gläser doch immer auf die sichtbaren und nie auf die un- 
sichtbaren Strahlen Rücksicht genommen wird. So wird das photographische 
Bild gewöhnlich mit einer »Glorie« umgeben sein, oder mit anderen Worten, 
die Verschiedenheit der Brennebene verschiedenfarbiger Strahlen verursacht 
einen unscharfen Rand. Deshalb wird jeder, der sich mit dem Studium der 
Sonnenphotographie eingehend beschäftigen will, am besten thun, wenn er sich 
bei C. A. STEINHEIL & Söhne, München (und nirgends anders) eine Linse und 
Vergrösserungssystem bestellt. Diesen Luxus kann man sich um so eher erlauben, 
als es ganz überflüssig wäre, für Sonnenaufnahmen ein grösseres Objectiv als 
10 cm Durchmesser zu wählen, wenn es sich nicht gerade darum handelt, Bilder 
zu erhalten, wie sie JANSSEN in Meudon macht. Ein solches Objectiv reicht 
vollständig aus, um mit einem passenden Vergrösserungssystem Sonnenbilder 
von 16 cm zu erzeugen, und dass diese Grösse zum Studium der Sonnenflecken- 
positionen genügt, ist eine bekannte Thatsache. Sind nun aber diese Bilder 
völlig scharf, so lassen sich ja die Details so vergrössern, als wenn man ein 
ganzes Sonnenbild von 40— 50 zz Durchmesser hátte. 
Die Aufnahmen im Brennpunkte des Objectivs werden nur bei Gelegenheit 
totaler Sonnenfinsternisse gemacht, weil hier der Hauptschwerpunkt auf die Corona 
fällt, die zu lichtschwach ist, als dass sie mit den àlteren unempfindlichen Platten 
photographirt werden kónnte. Mit den heutigen áusserst empfindlichen ScHLEUSSNER- 
oder LUMIÈRE-Platten wird man aber die Corona bei grósserer Objectivóffnung 
und mässiger Vergrôsserung des Projectionssystems doch photographiren kónnen. 
Die Amerikaner haben bei Gelegenheit der Sonnenfinsternisse Objective von 
abnorm langer Brennweite (z. DB. bis 15 » Brennweite) genommen, um dadurch 
ein grósseres Brennbild der Sonne zu erhalten, ohne zugleich Licht einzubüssen. 
Es ist selbstverständlich, dass eine parallactische, àáquatoreale Aufstellung einer 
Linse von 40 Fuss Brennweite mit bedeutenden Kosten verbunden würe; ausser- 
dem würde der Transport in oft ganz unbewohnte und entlegene Gegenden, die 
nur dem Fussgánger oder mit Maulthieren erreichbar sind, ungeheure Summen 
verschlingen. Daher hat das praktische Amerika (fast gleichzeitig und unabhängig 
mit Frankreich) eine ganz sinnreiche Methode zur Montirung solcher langer 
Fernröhre erfunden, wonach sich letztere mit Ausnahme des Heliostaten, des 
Momentverschlusses, der Cassette und des Objectivs sozusagen an Ort und 
Stelle bewirken lässt. Das Princip dieser Aufstellungsweise ist ein horizontal 
liegendes eisernes, oder aus Brettern zusammengezimmertes langes Rohr, welches 
im Meridian aufgestellt und mit dem Objectiv nach Norden gerichtet ist. Vor 
dem Objectiv steht der Heliostat (oder, wie man diese Instrumente, wenn sie 
grössere Dimensionen haben, nennt, Siderostat), welcher das Sonnenbild in das 
Fernrohr reflectirt. Am Südende des Rohres ist das Laboratorium aus Brettern 
aufgebaut, welches zugleich Cassette, Camera, und alles »in einer Person« bildet, 
da das Südende des Rohres in dasselbe einmündet, wo dann einfach die Cassette 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
   
  
   
	        
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