4 Allgemeine Einleitung in die Astronomie.
Gestirn — man sagt dann, es befindet sich mit der Sonne in Conjunction —
so wird es kosmisch aufgehen und akronychisch untergehen, es ist dann über-
haupt für uns nicht sichtbar. Befindet sich ein Gestirn genau in der entgegen-
gesetzten Richtung wie die Sonne, d. h. geht die Verbindungslinie des Gestirns
mit der Sonne durch unser Auge — man sagt, das Gestirn befindet sich mit
der Sonne in Opposition, — so geht es akronychisch auf und kosmisch unter,
das Gestirn ist dann die ganze Nacht sichtbar. Natürlich fallen kosmischer
Aufgang und akronychischer Untergang nicht mehr zusammen, wenn das Gestirn
nur in der Nähe der Sonne steht, und ebenso fallen akronychischer Aufgang
und kosmischer Untergang nicht mehr zusammen, wenn sich das Gestirn nur
nahe mit der Sonne in Opposition befindet. Da sich aber die Sonne zwischen
den Fixsternen weiter bewegt, so wird sie (ihr Mittelpunkt) nur einen Moment
genau in der Richtung eines anderen Sternes stehen, nach einigen Tagen wird
sie merklich weiter gerückt sein, der Stern geht etwas früher auf, bleibt jedoch
noch immer in den Strahlen der Sonne unsichtbar, wird aber, wenn die Sonne
genügend weiter gerückt ist, auf einen Moment am Osthimmel sichtbar, um
gleich darauf in den Strahlen der aufgehenden Sonne zu verblassen. Man nennt
dies den heliakischen Aufgang des Gestirns. In dem Maasse, als die Sonne
von dem Sterne weiter rückt, wird er immer früher aufgehen und daher immer
linger am Osthimmel sichtbar bleiben, spáter um Mitternacht, endlich am Abend
aufgehen und am Morgen untergehen, noch später um Mitternacht untergehen,
und nachdem die Sonne den Umlauf zwischen den Sternen einmal vollendet
hat (nach Ablauf eines Jahres) nähert sie sich wieder demselben Stern, sodass
er immer früher nach Sonnenuntergang untergeht, immer kürzer sichtbar bleibt,
bis er endlich an einem Abend nur noch einen Moment nach eingetretener
Dunkelheit sichtbar ist und dann sogleich ebenfalls untergeht. Man bezeichnet
dies als den heliakischen Untergang des Gestirns.
Die Zeit zwischen zwei heliakischen Aufgängen oder Untergängen desselben
Sterns konnte als die Länge eines Jahres angesehen werden. Die alten Aegypter
beobachteten für diesen Zweck den hellsten Stern im Sternbilde des grossen
Hundes, den Sirius oder Sothis (nach unserer Bezeichnung a Canis majoris) und
fanden auf diese Art die Jahreslinge gleich 365 Tagen. Dieses Jahr behielt
man auch noch viel später, als man die wahre Länge desselben bereits weit
genauer kannte, wegen seiner Bequemlichkeit als Aegyptisches Jahr bei. Es war
dies jedoch nur eine rohe Näherung, deren Unrichtigkeit man schon nach ver-
hältnissmässig kurzer Zeit erkennen musste, denn nach dieser Annahme musste
irgend eine Zeit, z. B. der Frühlingsanfang, schon nach 4 Jahren um einen Tag,
nach 120 Jahren um 30 Tage später fallen, also nach nahe 1460 Jahren oder
genauer nach 1457 wahren Sonnenjahren, welche gleich sind 1458 ägyptischen
Jahren, sämmtliche Daten des Jahres durchwandern. Diese Periode von rund
1460 Jahren hiess die Sothis- oder Hundsternperiode und begann mit jenem
Jahre, in welchem der Sirius am 1. Thot (Anfang des ägyptischen Jahres, s.
Chronologie) heliakisch aufging. Die frühzeitige Kenntniss dieser Periode lässt
nun allerdings die Auslegung zu, dass schon frühzeitig nebst dem Jahre zu
365 Tagen ein anderes mit der richtigen Jahreslänge von 3651 Tagen eingeführt
worden sein mag. LAUTH behauptet sogar, dass »die gelehrten Priester schon
seit den ältesten Zeiten das Jahr zu 3651 Tagen kannten« und dass sich »das
Dop peljahr und das doppelte Datiren bereits auf Denkmälern des 4. Tahrtausends
vor unserer Zeitrechnung in ihren bedeutsamen Epochenamen gewisser Könige
verkörpert findet.« Daraus könnte man aber, vielleicht mit mehr Berechtigung,