8 Allgemeine Einleitung in die Astronomie.
grössten Geschwindigkeit wieder zu dieser zurückkehrt), seine anomalistische
Umlaufszeit oder den anomalistischen Monat. Siderische, draconitische und ano-
malistische Umlaufszeit sind sehr nahe gleich und müssten völlig gleich sein, wenn
die Mondbahn unbeweglich wäre; der synodische Monat muss etwas länger
sein, denn während des siderischen Monats (etwa 27 Tage) ist die Sonne auch
um nahe 27° weiter gerückt, welche der Mond in weiteren zwei Tagen zurück-
legt, so dass derselbe, nachdem er der Sonne vorangeeilt ist, diese wieder nach
etwa 294 Tagen einholt. Den Chaldäern war aber bereits bekannt, dass die |
verschiedenen Umlaufszeiten nicht gleich sind, sondern dass der Drachenmonat P ^
kürzer, der anomalistische Monat länger ist, als der siderische, d. h. dass der |
Mond bereits einen vollen siderischen Umlauf (360?) zurückgelegt hatte, ehe er
alle. Grade der Geschwindigkeiten (Abweichungen, Anomalien von der mittleren
Gescbwindigkeit) erlangt hatte, dabei aber schon früher durch die Knoten ge-
gangen war, was darin seinen Grund hat, dass die Mondknoten sich auf der
Ekliptik nach rückwärts bewegen, die Punkte der grössten und kleinsten Ge- a
schwindigkeit hingegen in der Bahn nach vorwärts. Die Chaldäer fanden, dass |
der Mond in 65854 Tagen, während welcher er 241 siderische Umläufe aus-
führt, nur 239mal die grôsste Geschwindigkeit erlangt (239 Umläufe der Ano- C
malien vollführt), hingegen 242mal die Ekliptik schneidet (durch den Knoten
geht) und dass in dieser Zeit 223 Lunationen stattfinden. Daraus folgt für die D
Linge eines siderischen Monats 27:325 Tage, eines anomalistischen . Monats
27:554 Tage, eines Drachenmonats 27:212 Tage, und eines synodischen Monats 7
29:531 Tage. Diese Periode von 658541 Tagen oder 18 Jahren und 11 Tagen, E ,
der Saros, diente auch zur Vorhersagung der Finsternisse. Denn da nach dieser à
Zeit der Mond in dieselbe Stellung zur Sonne gekommen war, und auch die
Bewegungsverhältnisse in seiner Bahn (Geschwindigkeit, Abstand von der Ekliptik)
sich. fast genau wiederholen, so müssen sich auch die Finsternisse in derselben "
Ordnung und nahe an derselben Stelle des Himmels wiederholen. Die Verschiebung à
zwischen den Sternen beträgt nach jeder Periode 11°, nämlich den von der Sonne in
11 Tagen zurückgelegten Weg. Die empirische Bestätigung dieser Inductionsschlüsse
musste dann auch als Beweis der Annahme aufgefasst werden, dass der. Mond
sein Licht von der Sonne erhält, und Sonnen- und Mondfinsternisse durch die gegen-
seitige Stellung dieser beiden Himmelskörper erzeugt werden. Zu demselben Resultat
mussten auch die beiden Umstände führen, dass erstens die Sonnenfinsternisse nur zur
Zeit des Neumondes, die Mondfinsternisse nur zur Zeit des Vollmondes stattfinden,
und zwar nur dann, wenn gleichzeitig der Mond in der Nähe der Knoten seiner Bahn
stand, und zweitens, dass die beleuchtete Seite des Mondes stets nach derjenigen |
Seite des Himmels gekehrt ist, auf welcher die Sonne steht. Es ist nämlich bei |
wachsendem Monde (um die Zeit des ersten Viertels, zwischen Neumond und Voll-
mond) der Mond óstlich oder links von der Sonne (das Gesicht gegen Süden ge- :
wendet), die rechte Seite des Mondes beleuchtet, daher seine Horner nach links 4
oder Osten gekehrt sind; zur Zeit des abnehmenden Mondes (letztes Viertel,
zwischen Vollmond und Neumond) steht der Mond westlich oder rechts von der
Sonne, die linke Seite des Mondes ist beleuchtet, die Hörner sind nach rechts
oder Westen gekehrt.
Nächst den Chaldäern, deren Finsternissbeobachtungen aus der Zeit um
720 v. Chr. uns PTOLEMAUS mittheilt, soll nach PuiNius auch THarEs!) eine |
!J 639—548 v. Chr., geboren zu Milet, machte er eine Reise nach Aegypten und gründete, |
von derselben zurückgekehrt, in Milet die jonische Schule. Er starb in Athen.