Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

    
304 Astrophotographie. 
werk auf der Platte eine scharfe Linie erhielt, welche von dem durchs Fernrohr 
dahin ziehenden Stern hervorgerufen wurde. Bemerkenswerth ist der Versuch 
Bowp's, durch Versetzung des Fernrohrs in Deklination eine Reihe paralleler 
Linien zu erhalten; dieselben erschienen zeitweise schwach wellenförmig, sodass 
sich sogar die Schwankungen des Gestirns, die Folge der Unruhe der Luft, der 
Veränderungen der Retraction darstellten. Aber trotzdem konnte die Photo- 
praphie in ihrer damaligen Gestalt nicht geradezu von grossem Nutzen für die 
Astronomie sein, die Anwendbarkeit beschränkte sich auf die helleren Sterne, 
deren Zahl zu gering ist im Vergleich zu der grossen Menge der schwächeren. 
Namentlich war die Klasse der Doppelsterne, der Sternhaufen, der Nebelflecke 
mit wenigen Ausnahmen ganz von dieser Methode ausgeschlossen, so lange nicht 
die Empfindlichkeit der Platte so erheblich gesteigert wurde, dass wenigstens 
Sterne der 11. Grósse zu erkennen waren. Und diesen Fortschritt bezeichnet 
die neuere Zeit, wobei aber immer nicht ausser Acht zu lassen ist, dass die 
allgemeine Anwendung der Photographie, der Ersatz aller astronomischen 
Beobacbtungen für Messungszwecke kaum jemals zu erwarten ist, da in jedem 
einzelnen Falle die Frage der Zeitókonomie von hoher Bedeutung ist, und auf 
weiten Gebieten der Astronomie die direkte Beobachtung rascher und sicherer 
zum Ziele führt, als die Zuhilfenahme der photographischen Platte. 
Schon wenige Jahre spáüter gelang es RuTHERFURD in New-York, zahlreiche 
Doppelsterne und selbst Sternhaufen zu photographiren, aber erst in jüngster 
Zeit konnten in der Ausmessung der Photogramme erfolgreiche Schritte geschehen. 
RuTHERFURD selbst hatte schon die Ausmessungen mit grósster Sorgfalt vor- 
genommen, aber nach Verlauf mehrerer Jahre zeigte sich, dass der angewandte 
Werth der Schraubenrevolution sich inzwischen veründert hatte, und es liess 
sich nicht mehr ermitteln, wann und wodurch diese Veränderung verursacht 
worden. Die Arbeiten und Untersuchungen, die hierüber am Columbia-College 
in New-York, welchem RuTHERFURD sein sámmtliches photographisches Material 
hinterliess, angestellt wurden, haben jenen lange für veraltet und unbrauchbar 
gehaltenen Platten grosse Bedeutung gegeben. Dagegen sind die in den siebziger 
Jahren von Gourp in Cordoba erhaltenen Photographien südlicher Sternhaufen 
und Doppelsterne seither noch für die Astronomie ohne Nutzen geblieben. Wie 
sehr sich aber die Empfindlichkeit der Platten entwickelt hatte, geht daraus 
hervor, dass RuTHERFURD bereits Sterne der 9. Grósse im Jahre 1864 erhielt. 
Spüter wandte dann H. DmaPEn seine volle Aufmerksamkeit der Anwendung der 
Photographie zu, und er ging dabei auch über zur Photographirung der Stern- 
spectren, womit er einen ganz neuen Zweig dieser Beobachtungsart entwickelte. 
Im Jahre 1881 photographirte er den Nebelfleck im Orion, und auf der Platte 
traten Sterne hervor, die sicher nicht heller als 14. Grósse waren, und jetzt 
haben die Worr'schen Arbeiten ergeben, dass es gelingt, bei genügend langer Ex- 
position mit einem 6zólligen Objectiv Sterne zu photographiren, die wenigstens der 
16. Grösse angehören und daher für das grosse Fernrohr der Licksternwarte an 
der Grenze der Sichtbarkeit liegen. Damit ist denn wirklich ein weites Arbeits- 
feld eröffnet, die photographische Platte ist so wirksam geworden, wie das Auge 
mit dem kräftigsten Fernrohr. 
Auf Weiteres einzugehen, ist hier nicht nöthig, die bedeutendsten Leistungen 
der neuen Zeit sind im vorstehenden Artikel besprochen. Nur mag noch an 
dieser Stelle des grossen, von der Pariser Sternwarte angeregten Unternehmens, 
der Mappirung des ganzen Himmels, gedacht werden, welches übrigens in dem 
Artikel über Sternkarten ausführlichere Besprechung findet. v. KONKOLY. 
  
  
  
   
  
  
  
  
   
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
 
	        
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