Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

  
356 Astrophotometrie. 
Berichten aus dem Alterthum über das plötzliche Erscheinen heller Objecte am 
Himmel absieht, weil dieselben viel zu ungenau sind, um irgend welche sicheren 
Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können, so sind vor der Erfindung des 
Fernrohres von nur wenigen neuen Sternen sicher verbürgte Nachrichten und 
Beobachtungen vorhanden. Einer der merkwürdigsten ist der sogen. Tychonische 
Stern oder B Cassiopeae, der im Jahre 1572 am 7. November zuerst von Liw- 
DAUER in Winterthur und vier Tage später ganz unabhängig davon durch TyYcHO 
BRAHE entdeckt und von letzterem vielfach beobachtet und eingehend unter- 
sucht wurde, weshalb man ihn eben auch nach diesem Astronomen benannt 
hat. Die etwas nordwestlich von x Cassiopeae stehende Nova leuchtete bei 
ihrer Entdeckung stärker als die hellsten Fixsterne und glich Ende November 1572 
der Venus im hellsten Glanz; dann nahm ihre Lichtstärke ab, doch war sie im 
December desselben Jahres noch dem Jupiter an Helligkeit gleich. Im Januar 
1573 stand sie mit dem Sirius auf gleicher Stufe und erschien im April und Mai 
als Stern 2. Grôsse, erreichte im September die 4. Grösse, im Januar 1574 
die 5. und entzog sich im März dieses Jahres der Beobachtung mit freiem Auge. 
Mit diesen Helligkeitsschwankungen Hand in Hand gingen auch beträchtliche 
Farbenänderungen, denn während die Nova zuerst in rein weissem Lichte strahlte, 
wurde dasselbe später gelblich, dann röthlich, um im Mai 1573 in mattweiss 
überzugehen, welche Färbung sich bis zum völligen Verschwinden erhielt. So- 
weit die immerhin noch ziemlich rohen Messungen 'TycHo’s eine Ortsbestimmung 
der Nova für die Jetztzeit ermöglichen, steht genau an der Stelle derselben kein 
Stern mehr, wohl aber 49" siidlich davon ein solcher 10-5ter Grosse, der 
móglicher Weise wirklich B Cassiopeae ist. Nach den Angaben des CYPRIANUS 
LEOvITIUS, eines Zeitgenossen TycHo’s, seien schon in den Jahren 945 und 1264 
ungeführ in der Gegend von Z Cassiopeae neue Sterne beobachtet worden, doch 
fehlt leider sonst jegliche Stütze für diese Mittheilungen.  Beruhen dieselben 
auf Wahrheit, so würde man in der Nova Tychonis einen Veránderlichen von 
ungefähr 314jähriger Periode vor sich haben; dann würde auch der Stern, der 
bei Christi Geburt geleuchtet haben soll, eine Erscheinung dieses Veránderlichen 
sein kónnen. Ferner müsste derselbe 1886 oder in den folgenden Jahren wieder 
aufgeleuchtet haben, was bis jetzt nicht eingetreten ist. Die ganze Schluss- 
folgerung steht auf etwas sehr schwachen Füssen. 
Im Jahre 1600 sah JANSON zum ersten Male einen Stern, der heut zu Tage 
als P Cygni bezeichnet wird. 1602 beobachtete ihn KEPPLER als Stern 3. Grôsse, 
1621 verschwand er, wurde aber 1655 wieder in 3. Grösse leuchtend gesehen 
und nach nochmaligem Unsichtbarwerden 1665 von HEVEL in etwas schwicherem 
Lichte wieder gefunden. Seit 1677 leuchtet er unverändert in 5. Grösse. Ob 
er nicht schon vor 16oo in dieser Helligkeit etwa sichtbar gewesen ist, lässt sich 
nicht mehr nachweisen. 
Nur vier Jahre nach diesem, námlich am ro. October 1604, wurde eine Nova 
im Schlangentrüger entdeckt und zwar von JOHANN BRUNOWSKI, die dann besonders 
von FABRICIUS und KEPPLER fleissig verfolgt wurde, ja letzterer veröffentlichte 
1606 eine Schrift unter dem Titel: »De stella nova in pede Serpentarü«. In 
seiner grössten Lichtstärke war der Stern nicht ganz so hell wie der Tychonische 
in der seinen, wohl aber überstrahlte er alle Sterne erster Grösse. Im Anfange 
des Jahres 1605 glich er « Orionis an Helligkeit, Ende Márz sank er auf die 
3. Gróssenklasse herab, und im October war er nur noch 6. Grosse; im Mirz 
1606 entschwand er dem freien Auge. Besondere Farben an ihm werden nicht 
erwühnt, wohl aber sein lebhaftes Funkeln. 
  
 
	        
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