Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

    
390 Astrospectroskopie. 
einzelne zu schwach ist, um eine chemische Wirkung hervorzurufen, so kann ein 
fortgesetztes Einwirken desselben auf die gleichen Partikelchen schliesslich doch 
eine Reaction zu Stande bringen. Mit anderen Worten: Durch Dauerexpositionen 
lassen sich photographisch noch so schwache Lichtintensitäten fixiren, wie sie 
das Auge nicht mehr wahrnehmen kann. Dann darf man aber auch für die 
photographische Aufnahme bis zu 10mal stärkere Dispersionen verwenden, denn 
die dadurch bewirkte Verminderung der Helligkeit vermag eine gesteigerte 
Expositionsdauer auszugleichen; man erhält also ein viel linienreicheres Spectrum, 
viel genauer als es die Ocularbeobachtung jemals liefern kann. Auch schadet 
es nichts, wenn ein Sternspectrum auf der Platte fadenförmig erscheint, denn da 
man sich bei der Ausmessung doch eines Mikroskopes bedienen muss, so bedarf 
man einer künstlichen Verbreiterung durch eine Cylinderlinse nicht; die dadurch 
gewonnene Helligkeit kann man entweder zur Vermehrung der Dispersion oder 
zur Verminderung der Expositionsdauer verwenden. Hat man es jedoch bei der 
Aufnahme mit hellen Sternen zu thun, so wird man gern auf eine Verkürzung 
der ohnehin nicht langen Expositionszeit verzichten und lieber das Spectrum 
etwas verbreitert auf die Platte bringen, was jedoch besser als durch Einschalten 
einer Cylinderlinse in der Weise erreicht wird, dass man während der Exposition 
das Sternbildchen nicht genau auf einem Punkte des Spaltes festhdlt, sondern 
es auf diesem eine kleine Strecke langsam oder wiederholt durchlaufen lässt, 
dann erhält man auf der Platte ein Spectrum, dessen Breite der Länge dieser 
Strecke entspricht. Ein weiterer sehr grosser Vortheil, den die photographischen 
Aufnahmen gerade bei Sternspectren .bieten, besteht darin, dass die Unruhe der 
Luft nur von sehr geringem störenden Einfluss ist. Während bei direkter Beob- 
achtung mit dem Auge das durch schlechten Luftzustand hervorgerufene Zittern 
und Wallen sowie der einem zeitweiligen Aufflackern vergleichbare Helligkeits- 
wechsel in den Spectren sehr störend wirkt, ja die Beobachtung gänzlich ver- 
hindern kann, bringen alle diese Uebelstände keinen erheblichen Nachtheil bei 
der photographischen Aufnahme hervor. Die Luftunruhe lässt das Bild auf der 
Platte um eine gewisse Mittel- oder Gleichgewichtslage herumpendeln; in der 
Mittellage bildet sich, weil hier die grösste Helligkeit wirkte, das Bild einer 
Spectrallinie z. B. aus, aber dasselbe erscheint nicht, wie es bei ruhiger Luft der 
Fall ist, scharf und deutlich, sondern die Schwankungen der Lichteindrücke er- 
zeugen ein etwas verwaschenes Aussehen der Linie, die aber trotzdem noch sehr 
gut messbar ist. Bei grosser Luftunruhe wird das Spectrum auf der Platte nicht 
nur verwaschener, sondern auch schwächer erscheinen, wenn man die gleiche 
Expositionsdauer wie bei ruhiger Luft angewendet hat; eine entsprechende Er- 
höhung derselben wird diesem Uebelstande leicht abhelfen. Dagegen wirkt bei 
photographischen Daueraufnahmen die fortwührende, wenn auch nur geringe 
Aenderung der Brennweite des Objectivs, die ein Breiterwerden der Linien er- 
zeugt, stórend, weil sich dadurch eine Verwaschenheit in der Aufnahme un- 
angenehm bemerkbar macht. Auch die achromatischen Fehler des Objectivs 
machen sich hier stórend geltend, denn da man das Spectroskop immer nur auf 
eine bestimmte Farbe einstellen kann, so erscheint auch nur diese ganz scharf 
und deutlich auf der Platte, während die benachbarten Partien, und zwar je 
weiter sie abliegen in desto hóherem Grade, schwächer und undeutlicher werden. 
Beim Beobachten mit dem Auge kann man beim Uebergehen auf eine andere 
Farbe das Spectroskop gleich neu einstellen, hier muss man eine zweite selbst- 
ständige Aufnahme machen, was natürlich zeitraubender ist. Man kann diesem 
Uebelstande etwas dadurch abhelfen, dass man ein Fernrohrobjectiv für die 
    
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
   
   
  
  
   
   
  
   
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
 
	        
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