400 Astrospectroskopie.
tensitit dieser Linien die relative Feuchtigkeit der Luft jeder Zeit, wenn die
Sonne scheint, bestimmen, ja sogar durch gleichzeitige Beobachtungen in ver-
schiedenen Höhen über der Erdoberfläche und an dieser selbst eine Ansicht
von dem jeweiligen absoluten Wasserdampfgehalt der Luft erlangen. Der Kohlen-
säuregehalt der Luft scheint sich hauptsächlich durch starke Absorptionsbanden
im Ultraroth zu äussern, wo übrigens auch der Wasserdampf eine ziemlich starke
allgemeine Absorption bewirkt, während die reine Luft hier wohl keinerlei ab-
sorbirenden Einfluss mehr üben dürfte, Die Intensität der durch den Wasser-
dampf hervorgerufenen Linien nimmt im Allgemeinen proportional der Länge
des vom Licht in der Erdatmosphäre durchlaufenen Weges zu, während
z. B. die dem Sauerstoff zugehórende a-Gruppe auch bei hohem Sonnenstande
noch im Wesentlichen gut sichtbar ist, was darauf hindeuten würde, dass in den
hóheren Luftschichten der Sauerstoffgehalt verháültnissmássig weniger stark ab-
nimmt als die Menge des Wasserdampfes.
Indem wir damit die Besprechung des Sonnenspectrums im Allgemeinen
abschliessen, müssen wir noch einen Blick auf die von einzelnen Theilen der
Sonne ausgesendeten Spectren werfen. Als solche Theile haben wir zu unter-
scheiden den eigentlichen Licht- und Wármespender, die sogen. Photospháre
der Sonne, welche diese gleichmässig überdeckt und deren scheinbare Begrenzung
bildet. Sie sendet das continuirliche Spectrum aus, welches entweder festen oder
flüssigen glühenden kleinsten Theilchen, die man sich in der gasförmigen Photo-
sphäre, etwa so wie in jeder Flamme enthalten denken muss, oder aber den in
dieser Schicht unter hohem Druck stehenden Gasen seinen Ursprung verdankt,
denn es ist experimentell nachgewiesen, dass ein aus hellen Linien bestehendes
Gasspectrum bei genügend hohem Druck in ein continuirliches übergeht. Will
man die letztere Entstehungsform für das continuirliche Sonnenspectrum gelten
lassen, so ist nicht recht ersichtlich, wie man sich die über der Photosphäre
liegende Gasschicht zu erklüren hat, die man nach dem Sonnenspectrum anzu-
nehmen gezwungen ist. Diese Gasschicht würde gleichsam in continuirlichem
Uebergange aus der Photosphüre heraus sich entwickeln, so zu sagen deren
oberste etwas abgekühlte Decke bilden, die in ihr enthaltenen kühleren Gase
bewirken die als FRAuNHOrER'sche Linien auftretende Absorption. Diese letzteren
dürften aber kaum so scharf sein, wie sie wirklich sind, wenn das continuirliche
Spectrum wirklich nur durch hohen Druck der Gase in der Photospháre erzeugt
wäre. Dieser Einwand lässt sich jedoch dadurch wieder beseitigen, dass man
annimmt, dass das Licht aus viel tieferen Schichten der Sonne kommt, und dass
eine allmáhliche Abnahme des Druckes und der Dichte nach aussen zu erfolgt,
sodass also eine eigentliche Photospháre nicht anzunehmen wáre. Es lässt sich
nachweisen, dass auch dann noch ein scheinbarer Sonnenrand zu stande kommt,
ausserhalb dessen man jene umkehrende oder absorbirende Schicht von
Gasen annehmen muss. Ueber dieser erhebt sich eine solche von im Wesent-
lichen reinem Wasserstoff, welche durch ihre bei totalen Sonnenfinsternissen
sichtbare róthliche Farbe die Bezeichnung Chromosphüáre erhalten hat; in
dieser tritt stellenweise ein explosionsartiges Emporschiessen des Wasserstoffes
ein, welches die sogen. Protuberanzen erzeugt. Ausserhalb der Chromosphäre
erstreckt sich weit in den Weltenraum hinein die eigentliche Atmosphäre der
Sonne die nur bei totalen Sonnenfinsternissen wahrnehmbare Corona der Sonne.
Ausserdem zeigen sich auf der Sonne dunkle Flecke und helle wulstartige
Erhebungen, die man Fackeln nennt; in welcher Schicht diese enthalten sind
und wie sie zu Stande kommen, ist bisher noch nicht völlig erklärt, doch dürfte