Astrospectroskopie.
Das Spectrum des Mondes und der Planeten.
Das Spectrum des Mondes stimmt, soweit es untersucht ist, mit dem
der Sonne völlig überein, ein weiterer Beweis für das Fehlen einer Atmosphäre
von nennenswerther Dichte auf dem Monde. Die besonders gefärbten Stellen
seiner Oberfläche üben entweder keine Absorption, oder diese dehnt sich über
grössere Theile des Spectrums aus und ist deshalb hisher noch nicht constatirt.
Das Spectrum des Merkur zeigt eine Verstärkung der bedeutendsten erd-
atmosphärischen Linien wie auch eine ziemliche Lichtarmuth im Blau und Violett.
Ob diese Beobachtungen von VoGeL wirklich reell sind oder nur der sehr geringen
Höhe, in welcher der Planet Morgens und Abends beobachtet werden musste,
ihre Entstehung verdanken, konnte bis jetzt nicht entschieden werden. Hat die
Absorption auf dem Merkur ihren Ursprung, so würde das heissen, dass die
Atmosphäre desselben von der der Erde nicht sehr verschieden ist. Bei einer
in Potsdam gemachten photographischen Aufnahme konnten zwischen 487 pp
und 380 pp 28 Linien mit dem Tageslichtspectrum identificirt und überhaupt
auf dieser Strecke eine völlige Uebereinstimmung beider Spectra constatirt
werden.
Weit bequemer lässt sich das Spectrum der Venus beobachten, und es
ist von SECCHI, HUGGINS und VOGEL genauer untersucht, wobei sich zunächst eine
völlige Uebereinstimmung mit dem Sonnenspectrum gezeigt hat (zwischen 460 p.p.
und 406 pp fanden sich bei einer photographischen Aufnahme 500 Linien, die
nach Lage und Intensität völlig mit den Sonnenlinien übereinstimmten); ferner
wurde eine Verstärkung der tellurischen Linien gegen das rothe Ende des
Spectrums hin, sowie das Auftreten einzelner neuer, sehr feiner Absorptionslinien
beobachtet. Danach wäre die Venusatmosphäre der unsrigen ähnlich, enthielte
jedenfalls Wasserdampf, aber entweder muss man annehmen, dass sie ziemlich
dünn ist oder im Gegentheil sehr dunstreich, sodass die Sonnenstrahlen nicht
tief eindringen können; letztere Conjectur hat nach dem Aussehen der Venus-
oberfläche die grössere Wahrscheinlichkeit für sich.
Das Spectrum des Mars haben hauptsächlich HUGGINS, VOGEL, MAUNDER und
CAMPBELL untersucht, wobei sich ein Widerspruch insofern ergeben hat, als die
drei erst genannten ein deutliches Hervortreten der tellurischen Linien besonders
im Gelb und Roth (ja HuGGINs glaubt sogar ein neues Absorptionsband zwischen
586 und 584 pp constatirt zu haben) sowie eine allgemeine Absorption der
blauen und violetten Theile des Spectrums wahrnahmen, wihrend CAMPBELL keinen
Unterschied zwischen dem Mars- und dem Mondspectrum fand. MAUNDER beschreibt
im Spectrum der dunkeln Marsflecke eine merkliche Schwichung des Roth und
Gelb, im Gegensatz zu HUGGINS, der nur ein allgemeines Dunklerwerden des
Spectrums beobachtete. Im Spectrum des südlichen Polarflecks ist nach
MauNDER das Roth besonders schwach, dagegen Gelb und Grün heil, wáhrend
er im Spectrum des Marsmondes gerade das Umgekehrte wahrzunehmen
glaubte.
Die Spectren der Planetoiden sind noch wenig untersucht, und für viele
der jetzt üblichen Spectralapparate ist eine spectroskopische Beobachtung der
meisten kleinen Planeten wegen deren geringer Helligkeit undurchführbar. VoGEL
konnte im Spectrum der Vesta das Vorhandensein der Æ-Linie und der Linien-
gruppe à sicher nachweisen, das des atmosphärischen Bandes à blieb ihm zweifel-
haft; war das letztere aber zu sehen, so konnte es bei dem hohen Stande des
Planeten nicht in der Erdatmosphäre entstanden sein. Bei Flora war in dem
sehr schwachen continuirlichen Spectrum keine Linie zu constatiren.