Astrospectroskopie. 409
dafür, dass man in den Kometenspectren wirklich ein Kohlenwasserstoffspectrum
vor sich hat, und ferner, dass die in ersteren auftretende Verschiebung der
Maximalhelligkeit gegen Violett hin nicht etwa als ein besonders helles Auf-
leuchten einer der erwähnten Unterabtheilungen aufzufassen ist. H. C. VOGEL
hat nun nachgewiesen, dass wenn man die durch Erhitzen aus Meteorsteinen
austretenden Gase, hauptsächlich Kohlenwasserstoff- und Kohlenoxydgas, in einer
GEISSLER’schen Rôhre unter Verwendung eines starken Funkeninductors zum
Leuchten bringt, in dem engen Theile der Röhre ein Spectrum auftritt, welches
dem Kometenspectrum viel mehr ähnelt als das reine Kohlenwasserstoffspectrum,
besonders was die Verschiebung der Helligkeitsmaxima betrifft. Auch traten in
dem von VOGEL künstlich erzeugten Spectrum zwei für gewöhnlich im Kometen-
spectrum fehlende Streifen auf, die aber CAMPBELL im Spectrum des Kometen
1893 IV bei 487 und 455 pq. beobachtet hat. Auf etwas anderm Wege suchte HASSEL-
BERG künstlich das Kometenspectrum herzustellen, was ihm — wenn auch durch-
aus nicht vollstándig — so doch angenühert dadurch gelang, dass er durch Kohlen-
wasserstoff in weiten GEISsLER'schen Róhren unter móglichst herabgeminderten
Druck- und Temperaturverháltnissen disruptive elektrische Entladungen hindurch-
schickte. Man wird also wohl sagen dürfen: die drei hellen Bánder des Kometen-
spectrums gehóren einem theils durch Vermischung mit Kohlenoxydgas, theils
durch geringen Druck und niedrige Temperatur modificirten Kohlenwasserstoff-
spectrum an. Eine auffállge Erscheinung trat im Spectrum der Kometen 1882 I und
IL auf, indem nämlich bei Annäherung an die Sonne die Z-Linie hell aufleuchtete,
während die Kohlenwasserstoffbänder fast ganz verschwanden; mit der grösseren
Entfernung der Kometen von der Sonne nahm die Intensität der Natriumlinie
ab. Versuche von E. WIEDEMANN und solche von HASSELBERG haben gezeigt,
dass, wenn man in eine mit Kohlenwasserstoff gefüllte (3EISSLER’sche Röhre
Natrium einführt und dieses erhitzt, während starke disruptive Entladungen durch
die Röhre gehen, das Spectrum des Natriums das des Kohlenwasserstoffs
schliesslich völlig überdeckt, sodass also nicht nur das Vorhandensein von
Natrium — wenigstens in den genannten beiden Kometen — sondern wohl auch
ferner nachgewiesen ist, dass das Selbstleuchten der Kometen durch disruptive
elektrische Entladungen zu Stande kommt. Dass die Natriumlinien gerade in
den Spectren dieser beiden Kometen auftraten, erklärt sich wohl am un-
gezwungensten daraus, dass diese letzteren der Sonne so nahe kamen, dass das
vorhandene Natrium in Dampfform übergehen konnte. Bei dem Kometen 1882 II
beobachteten übrigens COPELAND und J. G. LOHsE, dass kurz nach seiner grössten
Sonnennähe ausser der D-Linie auch fünf helle Linien im Gelb und Grün
sichtbar waren, die nach den Messungen wohl sicher den stärksten Eisenlinien
in diesem Theile des Spectrums entsprechen.
Ausser diesen hellen Banden und Linien enthält das Kometenspectrum auch
noch ein continuirliches Spectrum, dessen Intensität gegenüber den Bändern
nicht nur bei den einzelnen Objecten, sondern auch in den verschiedenen Punkten
ihrer Bahnen wechselt. Dass ein Theil desselben von reflektirtem Sonnenlicht
herrührt, haben photographische Aufnahmen, die HUGGINs von den Spectren der
Kometen 1881: II und 18821 gemacht hat, bewiesen, da in diesen zweifellos
FRAuNHOFER'sche Linien zu sehen waren; damit stimmt überein, dass ein Theil
des Kometenlichtes polarisirt ist. Dass aber auch ein Theil des continuirlichen
Spectrums durch das Eigenlicht der Kometen zu Stande kommt, bewies die
photometrische Beobachtung des Kometen 18841, bei welchem G. MÜLLER eine
Lichtzunahme um 1:3 Gróssenklassen innerhalb weniger Stunden am 1. Januar 1884