414 Astrospectroskopie.
tailirte Eintheilung der Sternspectren bei Aufstellung eines so grossen Katalogs,
wie es der »Draper Katalog« ist, festzuhalten, ist nur zu billigen, da dadurch die
Brauchbarkeit desselben für weitergehende Untersuchungen nur erhóht wird.
Wenn man jedoch eine Klassifikation der Sternspectren in der Weise anstrebt,
dass die aus derselben erkennbare, physische Beschaffenheit der betreffenden
Himmelskórper berücksichtigt ist, so wird man von den PickERING'schen Buch-
staben absehen müssen. Es war ZÓLLNER, der zuerst die Ansicht aussprach,
dass die gelben und rothen Sterne nur verschiedene Abküblungsstufen der weissen
Sterne seien. Diese Anschauung hat H. C. VocEL seiner Nomenclatur der
Sternspectren zu Grunde gelegt, die sich schon mehrfach Anerkennung und bei
neueren spectroskopischen Untersuchungen von Fixsternen Eingang verschafft
hat. VOGEL will den vierten SEeccHurschen Typus nicht als einen solchen be-
stehen lassen, sondern die demselben angehórigen Sterne mit dem ersten Typus
vereinigt wissen, da sich der vierte vom ersten SECCHIschen Typus nur durch
die allerdings augenfállige andere Anordnung der dunkeln Streifen im Spectrum
unterscheide; - diese deute aber lediglich auf andere Bestandtheile in der Atmo-
spháre der betreffenden Himmelskórper hin, nicht aber auf wesentlich andere
Temperaturen und Drucke. Nach VoGEL hätte man in der Hauptsache drei
Klassen von selbstleuchtenden Gestirnen zu unterscheiden, die zugleich drei
zeitlich aufeinanderfolgende Entwickelungsphasen darstellen.
»1) Sterne, deren Glühzustand ein so betrüchtlicher ist, dass die in ihren
Atmospháren enthaltenen Metalidámpfe nur eine überaus geringe Absorption
ausüben können, sodass entweder keine oder nur äusserst zarte Linien im
Spectrum zu erkennen sind. (Hierher gehóren die weissen Sterne).
2) Sterne, bei denen, ähnlich wie bei unserer Sonne, die in den sie um-
gebenden Atmospháren enthaltenen Metalle sich durch kráftige Absorptionslinien
im Spectrum kundgeben (gelbe Sterne), und endlich
3) Sterne, deren Glühhitze soweit erniedrigt ist, dass Associationen der
Stoffe, welche ihre Atmospháren bilden, eintreten kónnen, welche, wie neuere
Untersuchungen ergeben haben, stets durch mehr oder weniger breite Absorptions-
streifen charakterisirt sind (rothe Sterne).«
Auf Grund dieser Eintheilung giebt Vocxr folgende Klassificirung der Stern-
Spectra:
K lasse I.
Spectra, in welchen die Metallinien nur äusserst zart auftreten oder garnicht
zu erkennen sind, und die brechbareren Theile des Spectrums, Blau und Violett,
durch ihre Intensität besonders auffallen.
a) Spectra, in denen, ausser den sehr schwachen Metalllinien, die Wasser-
stofflinien sichtbar sind und sich durch ihre Breite und Dunkelheit auszeichnen
(hierher gehóren die meisten weissen Sterne, Sirius, Wega).
b) Spectra, in denen entweder einzelne Metalllinien nur ganz schwach an-
gedeutet oder garnicht zu erkennen sind und die starken Wasserstofflinien der
Klasse Ia fehlen (Q, y, 0, € Orionis).
C) Spectra, in denen die Wasserstofflinien hell erscheinen und ausser diesen
Linien noch die Linie D,, ebenfalls hell, sichtbar ist (bis jetzt ist nur 8 Lyrae
und 4 Cassiopeae bekannt). :
Klasse IT.
Spectra, in denen die Metalllinien sehr deutlich auftreten. Die brechbareren
Theile des Spectrums sind im Vergleich zur vorigen Klasse matt, in den weniger
brechbaren Theilen treten zuweilen schwache Banden auf.