Astrospectroskopie.
Die Linienverschiebung nach dem DorrLEr'schen Princip.
Die bisher besprochenen spectroskopischen Beobachtungen waren alle an-
gestellt, um über die physische Beschaffenheit der Himmelskörper, deren Licht
man untersuchte, Aufklärung zu erhalten, wir müssen nun zum Schluss noch
einige spectroskopische Untersuchungen hier erwähnen, bei denen es auf die
Ermittelung von Bewegungen am Himmel abgesehen ist. Im Jahre 1843 sprach
es CHRISTIAN DOPPLER zuerst aus, dass, wenn der Abstand zwischen einer Ton-
oder Lichtquelle und dem Beobachter ständig zu- oder abnimmt, sich auch die
Tonhóhe bezw. die Farbe des Lichtes ándern müsse. Die Richtigkeit dieses
unter dem Namen des DorPLER'schen Princips bekannten Satzes ist viel um-
stritten worden und besonders zunächst aus zwei Gründen, weil nämlich einmal
DOPPLER selbst aus seinem Princip zu weitgehende und damit falsche Folgerungen
zog, und zweitens weil sich ein experimenteller Beweis wenigstens auf optischem
Gebiete nicht erbringen liess. Nachdem jedoch eine Einschränkung in den
Schlussfolgerungen aus dem Princip Platz gegriffen hat, und ein praktischer
Beweis nicht nur auf akustischem, sondern auch auf optischem Gebiete erbracht
ist, kann an der Gültigkeit des DoPPLER'schen Princips nicht mehr gezweifelt
werden. Die mathematisch-theoretische Darstellung lásst sich nur unter gewissen
beschränkenden Voraussetzungen durchführen und ist auch dann noch recht
verwickelt, weshalb sie hier auch angesichts der gebotenen Raumbeschránkung
übergangen werden kann, dagegen sollen einige einfache Ueberlegungen das
Verstándniss für das gedachte Princip vermitteln helfen. Man kann die Licht-
welen als Hohlkugeln ansehen, in deren gemeinsamem Mittelpunkt die Licht-
quelle sich befindet, und die immer grósser und grósser werdend sich rasch im
Raume ausbreiten. "Treffen diese nun das Auge des Beobachters, so rufen sie
daselbst eine Empfindung hervor, die wir Licht nennen. Die Art dieser Em-
pfindung wechselt mit der Schnelligkeit, in der die aufeinander folgenden Wellen
das Auge erreichen, und wird von uns als Farbe bezeichnet. Die Geschwindig-
keit, mit welcher diese Wellenstösse das Auge treffen, ist eine ausserordentlich
grosse und die Zwischenzeit zwischen den einzelnen derselben eine unmessbar
kleine. Wenn wir die Empfindung des rothen Lichtes hahen, so ist die Auf-
einanderfolge der einzelnen Wellen eine verhältnissmässig langsame, sie ist
schneller im Gelb, noch schneller im Grün und Blau und am schnellsten in den
violetten Strahlen, die das Auge gerade noch wahrnehmen kann. Bewegt sich
nun eine Lichtquelle sehr rasch auf den Beobachter zu, oder nähert sich dieser
sehr schnell der Lichtquelle, so treffen die einzelnen Lichtwellen in rascherer
Aufeinanderfolge das Auge, als sie im Raume selbst fortschreiten, d. h. als wenn
Beobachter und Lichtquelle in constantem Abstand von einander bleiben; das
Auge hat also bei rascher Annäherung von Lichtquelle und Beobachter eine
andere Empfindung durch die von ersterer ausgehenden Wellen, als wenn beide
sich in Ruhe befinden. Diese »andere Empfindung« des Auges wird sich aber
als andere Farbe dokumentiren, d. h. wenn sich Beobacnter und Lichtquelle
einander rasch nähern, so wird letztere dem ersteren in anderer und zwar mehr
nach dem Violett zu liegender Farbe erscheinen, als wenn beide in unverändertem
Abstand von einander beharren. Die ganz entsprechende Ueberlegung greift
Platz, wenn Lichtquelle und Beobachter sich von einander entfernen, nur dass
dann eine Farbenänderung nach dem Roth zu erfolgen müsste. In Wirklichkeit
wird nun ein solcher Farbenwechsel niemals eintreten, weil dazu bei der enorm
grossen Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes eine so ausserordentlich
schnelle Annäherung oder Trennung zwischen Lichtquelle und Beobachter nöthig