Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
   
  
Astrospectroskopie. 
wäre, wie eine solche in der Natur für materielle Theile nirgends auftritt. Aber 
wenn man also auch eine Farbenänderung im gewöhnlichen Sinne nicht beob- 
achten kann in Folge des DoppLER’schen Princips, so ist es doch möglich, die 
Richtigkeit desselben mit Hilfe der in den Spectren auftretenden Linien nach- 
zuweisen. Diese werden bei Annäherung oder Entfernung der Lichtquelle ihre 
Wellenlänge verkürzen oder verlängern, d. h. nach dem violetten bezw. rothen 
Ende des Spectrums zu sich um eine Kleinigkeit verschieben. Dabei ist es 
gleichgültig, ob die Linien einem Emissions- oder Absorptionsspectrum angehören, 
d. h. ob die bewegte Gasmasse selbst leuchtet oder nur Strahlen einer dahinter 
befindlichen weissen Lichtquelle absorbirt. Beobachtet man an einer Linie von 
der Wellenlänge À eine Aenderung derselben um A}, so ist die Geschwindigkeit, 
mit der sich die beobachtete Lichtquelle im Visionsradius bewegt, gleich 
AX 
= aA 2, 
wobei v die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes ist. Es ergiebt sich 
hieraus & in demselben Längenmaass und der gleichen Zeiteinheit ausgedriickt 
wie v. Nehmen wir v rund zu 300000 Kilometer pro Secunde an, so würde für 
eine Verschiebung der Linie D, nach D,, d. h. also für eine Abnahme der 
Wellenlänge von D, um 0:595 pp, eine Annäherungsgeschwindigkeit der Licht- 
quelle von 30277 Kilometer in einer Secunde nothwendig sein. Aus diesem 
Beispiel leuchtet sofort ein, dass an die Erbringung eines experimentellen Be- 
weises für die Gültigkeit des DoPPrER'schen Princips für Lichtwellen auf der 
Erdoberflàche nicht gedacht werden kann, denn selbst wenn man die gróssten 
Bewegungsgeschwindigkeiten für Lichtquellen, nämlich die Fortpflanzungs- 
geschwindigkeiten von Explosionen, anwendet, so sind dieselben noch immer so 
gering, dass sich die dadurch hervorgerufene Linienverschiebung wegen ihrer 
Kleinheit nicht sicher constatiren lässt. Man muss also zu Bewegungen von 
Lichtquellen im Weltraum seine Zuflucht nehmen, und so erwächst der Astro- 
nomie, welche an dem Nachweis der Richtigkeit des DOPPLER’schen Princips 
für Lichtwellen das höchste Interesse hat, weil für sie die Anwendung desselben 
den grössten Vortheil bringt, zunächst die Aufgabe, den geforderten Beweis 
selbst zu erbringen, indem sie anderweitig bekannte Bewegungen von Himmels- 
körpern im Visionsradius auch durch die Spectralanalyse nicht nur nachzuweisen, 
sondern auch zu messen hat. Da vorauszusehen war, dass diese Messungen 
an gewöhnlichen Spectrometern sehr schwierig sein würden, so construirte 
ZOLLNER seine oben besprochenen Reversionsapparate, mit denen denn auch der 
erste Beweis für die Richtigkeit des Do»PPrER'schen Princips bei Lichtwellen ge- 
liefert wurde. Als geeignetes Untersuchungsobject bot sich zunáchst die Sonne 
dar, deren Rotationsgeschwindigkeit aus Sonnenfleckenbeobachtungen bekannt 
ist, sodass man leicht daraus berechnen kann, mit welcher Geschwindigkeit 
sich die Theile des Ostrandes dem Beobachter nähern, die des Westrandes 
von ihm entfernen, und H. C. VoczgL gelang es, mit einem Reversionsspectroskop 
im Jahre 1871 eine Linienverschiebung in den Spectren dieser Randtheile zu 
constatiren, die nicht nur dem Sinne nach mit der Sonnenrotation überein- 
stimmte, sondern auch nach beiláufiger Schátzung ihrem Betrage nach nicht zu 
erheblich abwich. Mit viel besseren Apparaten gelang es YouwG im Jahre 1876, 
eine Rotationsgeschwindigkeit des Sonnenáquators von 2:29 Kilometern in einer 
Secunde aus der Linienverschiebung zu ermitteln, wáhrend die direkte Rechnung 
2:01 Kilometer dafür giebt. Zu ähnlichen Resultaten kam LaNGLEY 1877 
wáhrend CoPELAND 1883 constatirte, dass die Linie 588:42 pp, am Westrande 
  
  
    
	        
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