Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

    
426 Astrospectroskopie. 
einfach, am Ostrande dagegen doppelt ist, was sich so erklärt, dass diese Linie 
sich thatsächlich aus einer Eisenlinie und einer atmosphärischen Linie zusammen- 
setzt, und dass erstere durch die Rotationsbewegung am Westrande gerade so- 
viel verschoben wird, dass sie sich mit letzterer deckt. Dass CoRNu dieses 
Princip zur Constatirung der tellurischen Linien im Sonnenspectrum angewendet 
hat, ist früher bereits erwähnt. 
Ferner ist bei den Planeten die Bewegung im Visionsradius aus ihren Bahn- 
elementen genau zu berechnen, und diese boten daher eine weitere Möglichkeit 
zur Prüfung des DoPPLER’schen Princips, doch ist es bei der geringen Geschwindig- 
keit erst verhältnissmässig spät gelungen, hier zuverlässige Resultate zu erlangen. 
VOGEL und SCHEINER haben dies in Potsdam auf photographischem Wege an 
der Venus bewerkstelligt, und es mögen hier die bei Ausmessung der Platten 
von beiden Beobachtern unabhängig gefundenen Werthe getrennt aufgeführt 
werden, um zugleich ein Urtheil über die Zuverlässigkeit solcher Messungs- 
resultate zu erhalten. 
  
  
  
No, der | Geschwind. in Kilom. nach Berechnete 
: Datum DoPPLER's Princip Geschwindig- 
Platte : ; 
VOGEL SCHEINER | keit 
56 1888 Dec. 7 — 11:0 —10:5 — 10:5 
78 1889 Jan. 2 — 12:5 —15:6 —]116 
99 1889 Febr. 10 —11:6 —11'4 — 12:8 
  
  
  
Die einzelnen Columnen bedürfen keiner weiteren Erklärung, die Geschwindig- 
keiten sind in Kilometern pro Secunde angegeben. Man kann nach alledem 
wohl sagen, dass die Giiltigkeit des DoppLER'schen Princips bei Lichtwellen 
innerhalb der jetzt zu erreichenden Genauigkeit bewiesen ist, und wir können 
nun zur Betrachtung der mittelst dieses Princips am Himmel gewonnenen Resul- 
tate über Bewegungen im Visionradius übergehen. 
Zunächst schritt man zu einer genauen Untersuchung der Sonnenrotation, 
deren Ermittelungen aus Sonnenflecken das merkwürdige Ergebniss geliefert hatte, 
dass die Sonne oder wenigstens die Schicht, in welcher sich die Sonnenflecken 
befinden, nicht wie eine starre Kugel, sondern gegen die Pole zu langsamer als 
am Aequator rotirt, während WILSING aus der Untersuchung von Sonnenfackeln 
eine Aenderung der Rotationszeit mit wachsenden heliocentrischen Breiten nicht 
constatiren konnte. Nun fand Crew in Amerika mit Hilfe RowLAnD’scher Gitter, 
dass die lichtabsorbirende Schicht auf der Sonne am Aequator eine Rotations- 
geschwindigkeit von 3:86 -—- 0:043 Kilometer pro Secunde hat und wie eine 
starre Kugel rotirt. Es ist fraglich, ob der geringe wahrscheinliche Fehler von 
= 0-048 wirklich zutrifft und die ganze Untersuchung den hohen Grad von Ge- 
nauigkeit hat, der ihr danach zukommt, jedenfalls stehen ihre Resultate in grellem 
Widerspruch mit einer sehr sorgfältigen Beobachtungsreihe von DuNÉn, der eben- 
falls RowLAND'sche Gitter verwendete und die Verschiebung der Sonnenlinien 
gegen die atmosphärischen an den beiden Sonnenründern maass, wobei er eine 
ganz ausserordentliche Genauigkeit erzielte. Nach diesen Messungen ergiebt 
sich der tägliche Rotationswinkel der Sonne für eine 
heliocentrische Breite von 0?:4 zu 14°14 
» PA) » 15:0 » 13:66 
» » » 80:0 » 13:06 
» » 5»: 45.05: 11:99 
» » » 600 >,,; 10-62 
(48 , 9:84. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
    
  
 
	        
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