Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

  
24 Allgemeine Einleitung in die Astronomie. 
der obéren Conjunction in der Erdferne, bei M'M,' wird der Planet erst in der 
Richtung Æ'M', in der geocentrischen Länge ^r.E' M' gesehen, hierauf in der 
Richtung £,'4/,', in der geocentrischen Lànge ^^.E,'7/,', hier wachsen die 
Lüngen, die wahren Winkelgeschwindigkeiten summiren sich, der Planet hat seine 
grösste direkte Geschwindigkeit. Nun kann man den Planeten zwar in den 
beiden Conjunctionen nicht beobachten, aber man kann die Verzógerung der 
Bewegung des Planeten und den Uebergàng zur Retrogradation beim Heller- 
werden desselben (Annäherung an die Erde), die Beschleunigung seiner Be- 
wegung bei der Abnahme seiner Helligkeit auf der anderen Seite der Sonne wahr- 
nehmen, so dass man zum zweiten Falle der epicyklischen Bewegung greifen 
musste. 
Sei ferner /VJV, N'N,' die Bahn eines äusseren Planeten (Mars, Jupiter, 
Saturn) In der Opposition (Erde zwischen Sonne und Planet) wird der Planet 
an einem Tage z. B. in der Richtung Æ' NV gesehen, die geocentrische Länge ist 
gleich dem überstumpfen Winkel ^^ Z'/V, am nächsten Tage in der Richtung 
E,' NV, in der geocentrischen Linge ^ Z,'V,, die Lángen werden kleiner; der 
Planet ist daher in der Opposition, zu welcher Zeit er in der Erdnáhe ist, retro- 
grad, indem sich die Winkelgeschwindigkeiten beider Himmelskórper subtrahiren. 
Zur Zeit der Conjunction werden die aufeinander folgenden Richtungen, in denen 
der Planet beobachtet wird, Æ'N' und Z,'JV,' sein, die geocentrischen Längen 
VE'N', VE;'N;' wachsen, die scheinbare Winkelbewegung ist gleich der Summe 
der wahren Winkelbewegungen beider Himmelskórper. In der Erdferne hat 
der Planet daher die grósste direkte Geschwindigkeit, woraus wieder die Noth- 
wendigkeit der Einführung des zweiten Falles der epicyklischen Bewegung folgt"), 
welche diese. scheinbare (optische) Ungleichheit erklärt. Zur Erklärung der noch 
übrigbleibenden Ungleichheiten, welche in Folge der nicht kreisförmigen und 
ungleichförmigen Bewegung beider Himmelskörper (der wirklichen, physischen 
Ungleichheiten) auftreten, müssen dann noch der excentrische Deferent, Drehungen 
des Mittelpunktes desselben u. s. w. herangezogen werden. 
Schon APOLLONIUS (um 250 v. Chr.) hatte die Möglichkeit der Anwendung 
der Epicykeln zur Erklärung der Planetenbewegungen erkannt; doch scheint er 
nicht die Methoden gekannt zu haben, welche zur Bestimmung der hierzu nöthigen 
Grössenverhältnisse (Verhältnisse der Halbmesser des Deferenten und Epicykels) 
dienen. Er gab jedoch eine Regel, nach welcher man unter der Annahme der 
epicyklischen Bewegung die Grösse des retrograden Bogens und die Zeit der 
Retrogradation bestimmen kann. Seine Regel lässt sich in folgender Weise dar- 
stellen: Wenn CO = R (Fig. 5) der Halbmesser des Deferenten, C/= 7 der- 
jenige des Epicykels, w die Geschwindigkeit des Epicykelmittelpunktes C auf dem 
Deferenten, p' die Geschwindigkeit des Gestirns im Epicykel ist, so wird der 
Planet nur dann retrograd erscheinen kónnen, wenn 
MC 7 | 
MO EXT "y 
ist; dann wird sich aber stets eine Linie JO so ziehen lassen, dass 
y T (4) 
GO p 
ist, weil von ZO angefangen, 1.FG immer von 7 zur Null abnimmt, und GO 
von (A — 7) an wüchst, und durch jene Linie, für welche die Gleichung (a) be- 
  
7) PTOLEMAUS schliesst hierauf aus den beobachteten Zwischenzeiten zwischen der grössten, 
der mittleren und der kleinsten Geschwindigkeit. 
  
 
	        
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