Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

  
  
  
  
  
   
   
  
   
  
  
    
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
  
  
  
  
  
    
Das Chronometer. 625 
Das Chronometer. Die für astronomische Zwecke verwendeten Prá- 
cisionsuhren kónnen in Bezug auf ihre Construction und Verwendbarkeit in zwei 
Gattungen, Gewichtsuhren und Federzuguhren, eingetheilt werden. — Bei ersteren 
Instrumenten dient ein herabsinkendes Gewicht als Motor, und die Gleichheit 
der angezeigten Zeitintervalle wird durch die schwingende Bewegung eines Pendels 
hergestellt. Die Aufstellung dieser Uhren muss, damit ein gleichmássiger Gang 
erreicht wird, eine feste sein. Dem gegenüber dient bei den Federzuguhren eine 
spiralfórmig aufgewundene Feder aus gehürtetem (federhartem) Stahl als Motor; 
die Gleichheit der einzelnen durch die Uhr markirten Zeiteinheiten wird durch 
die Schwingung eines Reitens (der Unruhe) erreicht, welcher mit einer schwingenden 
elastischen Spiralfeder verbunden ist. Der Gang dieser Uhren wird durch lang- 
same Ortsveránderung (Transport) in verháltnissmüssig geringem Grade beein- 
flusst )). 
Das Bedürfniss der Herstellung tragbarer Prácisionsuhren machte sich zuerst 
in der Nautik geltend, seitdem durch spanische Gelehrte im Anfange des 
16. Jahrhunderts darauf hingewiesen war, dass man mit Hilfe derartiger Instru- 
mente im Stande sein würde, in einfacher Weise die geographische Länge des 
Schiffsortes zu ermitteln. Allein wegen des unvollkommenen Zustandes der 
damaligen Technik vergingen mehr als zwei Jahrhunderte, bevor eine befriedigende 
Lösung dieses mechanischen Problems erreicht wurde. Erst die von WILLIAM 
HARRISON um etwa 1730 nach neuen Principien construirten »Chronometer«, 
welche mit einer Temperatur-Compensation und einer doppelaxigen Aufhängung 
versehen waren, ergaben so zuverlüssige Resultate, dass die neue Methode der 
Làngenbestimmung praktische Anwendung in der Nautik finden konnte. Das 
Beispiel and die Erfolge Harrison's wirkten naturgemäss anregend auch auf 
andere Künstler, und innerhalb weniger Jahrzehnte wurden die Chronometer 
durch Verbesserungen der einzelnen Theile zu einem hohen Grade der Zuver- 
lüssigkeit gebracht. LrRov entdeckte, dass eine Spiralfeder von einer gewissen 
Länge, welche experimentell ermittelt werden kann, isochrone Schwingungen 
macht, d. h. dass die Schwingungen einer solchen Feder — unabhängig von der 
Schwingungsweite — stets von gleicher Zeitdauer sind. ARNOLD führte für das 
Chronometer die cylindrische Spiralfeder ein, welche bei der Gleichheit ihrer 
Windungen schneller den Isochronismus finden und das Zusammentreffen des 
Schwerpunktes mit dem Mittelpunkte der Bewegung leichter erhalten lässt. 
EARNSHAW, ARNOLD, DUTERTRE, MUDGE u. A. erfanden die einzelnen Arten der 
sogenannten »freien« Hemmungen, welche die bisherigen Einrichtungen dieser 
Art durch Zauverlüssigkeit bei weitem  übertrafen; ErrrE und später AIRY, 
HArRTNUP u. A. vervollkommneten die schon von HARRISON angewandte Com- 
1) Es werden in astronomischen Werken die Uhren háufig in »Pendeluhren« und »Feder- 
uhren« eingetheilt. Diese Unterscheidung ist nicht streng logisch, weil als Eintheilungsprincip 
im ersteren Falle die Form des Regulators, im zweiten Falle die Form des Motors gewählt ist. 
— Ausserdem wird hierbei die Bezeichnung »Federuhr« in einem ganz anderen Sinne, wie 
sonst allgemein üblich, gebraucht: Der Uhrmacher versteht unter einer »Federuhr« eine solche 
Uhr, welche mit einer Federhemmung versehen ist, und für den hier auszudrückenden Begriff 
gebraucht er die Bezeichnung »Federzuguhre. 
VALENTINER, Astronomie I, 
  
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