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erzeugte, hatte 1672 CASSEGRAIN für dieselben Zwecke ein analog aufgestelltes
erhabenes Spiegelchen. genommen. Aber beide dem astronomischen und hollän-
dischen Fernrohr entsprechende Constructionen gaben nicht die gewünschten Resul-
tate, da es sehr schwer war, den kleinen Spiegeln eine genügend genaue Form
zu geben und so opferte NEwTON die Bequemlichkeit, in der Richtung des Fern-
rohres zu blicken, indem er statt jener Kugelspiegel einen kleinen Planspiegel
nahm, welcher mit der Axe des grossen Spiegels einen Winkel von 45? bildete und
das Bild des Gegenstandes seitlich entwarf. Den Gang der Strahlen in diesem
Fernrohr stellt Fig. 169 dar und
p UMS WM ein solches Instrument war es,
m her BE T I. mit dem W. HERSCHEL seine vielen
es Beobachtungen angestellt hat. Zu
Tt . .
PS P grecum e seiner Einstellung bedurfte er
eines kleinen Refractors mit paral-
uy leler Axe, mittelst dessen ein Ge-
hülfe die Einstellung des Re-
(A. 169.)
flectors besorgen und erhalten
musste, und so wären HERSCHEL’s zahlreiche Beobachtungen ohne die stets bereite
Hilfe seiner Schwester CAROLINE nicht möglich gewesen.
Jede Reflexion ist mit Intensitätsverlusten verbunden. Könnte man also
den kleinen Spiegel weglassen, so würde das Teleskop viel lichtstärkere Bilder
geben. Das erreichte HERSCHEL, indem er den grossen Hohlspiegel ein wenig
gegen die Axe des Rohres neigte und so das Instrument, erhielt, welches in
Fig. 170 dargestellt ist. Indem
der Beobachter durch das seit-
lich angebrachte Ocular blickt,
verdeckt sein Kopf nur einen
unbedeutenden Theil des Ge-
sichtsfeldes. So ist das 1844
vollendete Riesenteleskop des
FARL OF RossE eingerichtet,
dessen Leistungen indessen die
von ihm gehegten Erwartungen nicht ganz rechtfertigten. Wenn auch nicht an
Grosse, so übertrafen es die von dem englischen Privatmann WiLLiAM LASSELL
seit 1845 hergestellten an vollkommnerer Form ihrer Spiegel, die sie durch eine
epicycloidische Bewegung der Polierscheibe erhielten und die durch wichtige
Entdeckungen über die Structur der Nebelflecken und die Satelliten der Planeten
wohlverdienten Ruhm erlangten P.
Geschichte der Achromasie. Unterdessen hatte man bereits in der Mitte
des vorigen Jahrhunderts die Wege gefunden, auf denen es möglich geworden ist,
die Farbenzerstreuung bei Anwendung von Linsen so vollständig zu heben, dass
durch sie die Güte der Beobachtungen kaum noch beeinträchtigt wird. Hatte
NEwTON gefehlt, indem er die Ergebnisse seiner Beobachtungen nicht ohne
Vorurtheil prüfte, so gerieth EuLER?) auf den entgegengesetzten Abweg, indem
er aus der unrichtigen Voraussetzung, dass das Linsensystem des menschlichen
Auges keine Farbenzerstreuung zeige, achromatisch sei, den richtigen Schluss
1) SAFARICK, Centralzeitung für Optik und Mechanik 1894, pag. 209.
?) EULER, Sur la perfection des verres objectifs des lunettes. Mém. de l'Acad. de Berlin
1747, pag. 285.