Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

704 Das Fernrohr. 
erzeugte, hatte 1672 CASSEGRAIN für dieselben Zwecke ein analog aufgestelltes 
erhabenes Spiegelchen. genommen. Aber beide dem astronomischen und hollän- 
dischen Fernrohr entsprechende Constructionen gaben nicht die gewünschten Resul- 
tate, da es sehr schwer war, den kleinen Spiegeln eine genügend genaue Form 
zu geben und so opferte NEwTON die Bequemlichkeit, in der Richtung des Fern- 
rohres zu blicken, indem er statt jener Kugelspiegel einen kleinen Planspiegel 
nahm, welcher mit der Axe des grossen Spiegels einen Winkel von 45? bildete und 
das Bild des Gegenstandes seitlich entwarf. Den Gang der Strahlen in diesem 
Fernrohr stellt Fig. 169 dar und 
p UMS WM ein solches Instrument war es, 
  
  
  
  
  
  
m her BE T I. mit dem W. HERSCHEL seine vielen 
es Beobachtungen angestellt hat. Zu 
Tt . . 
PS P grecum e seiner Einstellung bedurfte er 
eines kleinen Refractors mit paral- 
uy leler Axe, mittelst dessen ein Ge- 
hülfe die Einstellung des Re- 
(A. 169.) 
flectors besorgen und erhalten 
musste, und so wären HERSCHEL’s zahlreiche Beobachtungen ohne die stets bereite 
Hilfe seiner Schwester CAROLINE nicht möglich gewesen. 
Jede Reflexion ist mit Intensitätsverlusten verbunden. Könnte man also 
den kleinen Spiegel weglassen, so würde das Teleskop viel lichtstärkere Bilder 
geben. Das erreichte HERSCHEL, indem er den grossen Hohlspiegel ein wenig 
gegen die Axe des Rohres neigte und so das Instrument, erhielt, welches in 
Fig. 170 dargestellt ist. Indem 
der Beobachter durch das seit- 
lich angebrachte Ocular blickt, 
verdeckt sein Kopf nur einen 
unbedeutenden Theil des Ge- 
sichtsfeldes. So ist das 1844 
vollendete Riesenteleskop des 
FARL OF RossE eingerichtet, 
dessen Leistungen indessen die 
  
  
  
  
  
  
von ihm gehegten Erwartungen nicht ganz rechtfertigten. Wenn auch nicht an 
Grosse, so übertrafen es die von dem englischen Privatmann WiLLiAM LASSELL 
seit 1845 hergestellten an vollkommnerer Form ihrer Spiegel, die sie durch eine 
epicycloidische Bewegung der Polierscheibe erhielten und die durch wichtige 
Entdeckungen über die Structur der Nebelflecken und die Satelliten der Planeten 
wohlverdienten Ruhm erlangten P. 
Geschichte der Achromasie. Unterdessen hatte man bereits in der Mitte 
des vorigen Jahrhunderts die Wege gefunden, auf denen es möglich geworden ist, 
die Farbenzerstreuung bei Anwendung von Linsen so vollständig zu heben, dass 
durch sie die Güte der Beobachtungen kaum noch beeinträchtigt wird. Hatte 
NEwTON gefehlt, indem er die Ergebnisse seiner Beobachtungen nicht ohne 
Vorurtheil prüfte, so gerieth EuLER?) auf den entgegengesetzten Abweg, indem 
er aus der unrichtigen Voraussetzung, dass das Linsensystem des menschlichen 
Auges keine Farbenzerstreuung zeige, achromatisch sei, den richtigen Schluss 
1) SAFARICK, Centralzeitung für Optik und Mechanik 1894, pag. 209. 
?) EULER, Sur la perfection des verres objectifs des lunettes. Mém. de l'Acad. de Berlin 
1747, pag. 285. 
  
  
  
 
	        
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