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Das Fernrohr. 207
und kieselsaurem Bleioxyd, welches sich aber nicht vóllig farblos herstellen liess.
Doch hatten diese Bestrebungen nicht besseren Erfolg, wie die nicht lange vor-
her von LrrrRow?!) ins Werk gesetzten, welche ein zur Herstellung der dialyti-
schen Fernrôhre von PLôssL in Wien benutztes, viel Borsáure und statt des
Bleioxyds Zinkoxyd enthaltendes Glas ergeben hatten.
Der Aufschwung, den das optische Institut von REICHENBACH und UTZSCHNEIDER
seit dem 1806 erfolgten Eintritt FRAUNHOFER's?) gewonnen hatte, war nicht geeignet,
anlere zu ähnlichen Bestrebungen aufzumuntern. Der ausserordentliche Mann,
der 1819 an Steile REICHENBACH's als Theilnehmer eintrat, wurde der Reformator
in der Kunst der Herstellung optischer Gläser. Während man früher solche
durch Auswühlen móglichst gleichmàssiger Stücke Spiegelglases erhielt?), die man
prüfte, indem man die Sonnenstrahlen durch solche Platten auf weisses Papier
fallen liess, so brachte es nunmehr FRAUNHOFER durch Einführung neuer Schmelz-
tiegel dahin, Glasblöcke bis zu 4 Centner Gewicht herzustellen, welche fast
durch die ganze Masse sich als brauchbar erwiesen. Er suchte vor allem die
Wellen zu vermeiden, wie er die Fehler des Glases, die durch ungleichmässige
Mischung seiner Bestandtheile hervorgerufen werden, nannte, sowie die durch
zu rasches oder ungleiches Abkühlen entstehenden Verspannungen. Wurden
sie doch Ursache der störendsten Verzerrung der Bilder, während im Glase
gebliebene Luftbläschen oder Schichten solcher Luftbläschen, die Schlieren, sich
als weniger schädlich erwiesen. Einige weitere seiner Erfahrungen, die sorgfältig
geheim gehalten wurden, theilte später sein Nachfolger MERZ^) mit. FRAUNHOFER
wusste bereits, dass Refraction und Dispersion sich im Verhältniss des Bleigehaltes
ändern, dass das Blei die Dispersion mehr als die Refraction beeinflusst, und
dass relative Vermehrung des Bleigehaltes Gläser von hohem Refractions- und
Dispersionsvermögen ergiebt, ein Ueberschuss von Alkalien aber bleihaltige
Gläser liefert, die ihre Politur leicht verlieren. Der frühe Tod FRAUNHOFER’S
wurde namentlich für Deutschland verhängnissvoll. Denn da seine Schüler, wie
erwähnt, in das Ausland gingen, seine Nachfolger im optischen Institut aber nur
für den eigenen Bedarf producirten, so waren die deutschen Optiker hinsichtlich
des Bezugs optischer Gláser auf die Fabriken von DAGUET in Solothurn, BONTEMPS,
SAUTTER, ROSETTE und FEmL in Paris und CHANCE BROTHERS in Birmingham
angewiesen. Das Sachverhältniss änderte sich in einer für Deutschland äusserst
erfreulichen Weise, als 1886 ABBE und SCHOTT das glastechnische Institut in
Jena gründeten, von dem noch ausführlich die Rede sein wird. Neben den
Refractoren haben aber auch die Reflectoren, namentlich in England, in neuerer
Zeit eine hohe Ausbildung erfahren, da sie von gewissen Unvollkommenheiten
jener frei sind. Das war der Grund, warum sie C. A. STEINHEIL und BESSEL
empfahlen, und des letzteren Stimme fällt um so mehr ins G:wicht, als er lange
Jahre mit einem solchen freilich recht unvollkommenen, das SCHRÔTER in Lilien-
thal besass, beobachtet hatte. Namentlich war es die Erfindung LiEBIG's, auf
Glas einen dünnen Silberspiegel von grósster Reinheit niederzuschlagen, die
wesentlich zu ihrer Verbesserung beitrug, eine Erfindung, welche es S'TEINHEIL
1) LITTROW, BAUMGARTNER’S Zeitschr. für Physik und Mathematik 4, pag. 257, und Neue
Folge Bd. 3, pag. 57. Vergl auch Dioptrik, pag. 157.
?) Centralzeitung für Optik und Mechanik 1887. 8, paz. 73.
3) R. STEINHEIL, Allgemeines über die Herstellung optischer Instrumente — Centralzeitung
für Optik und Mechanik, 14, pag. 147.
4) s. MERZ, Bayerisches Kunst- und Gewerbeblatt 1868, pag. 264 — DINGLER's poly-
technisches Journal 1868. Bd. 181, pag. 483.