TycHo BRAHE: Mondtheorie. 71
Da nun, wenn 2g die vom Apogüum der Sonne gezühlte Anomalie der
Sonne bedeutet,
w(Z, — Z) = 4- 269'^4 sin (C) — 95°10") = + 45 sinve
ist, so wird die wegen Zeitgleichung corrigirte, von TvcHo angewendete mittlere
Länge des Mondes M gleich der uncorrigirten (wirklichen) mittleren Länge zur
Beobachtungszeit vermehrt um 4"5 sin ve. Der in Gleichung (a) auftretende
Werth von M enthält bereits implicite das letzte Glied, sodass nach TycHo:
Wahre Länge des Mondes == Mittlere Länge des Mondes
— 6? 13^8 sin M, -- 9*5 sin 9 M, — 1° 14"7 sin (QD — My)
— 0^8 sin (4.D — 9.44) [ 4- 60 sn2(D — M47] -- 38"3 szn 2.D -- A5 sin vg.
Der wahre Werth der Mondgleichung lautet:
— 6? 173 sin M, 4- 198 sin 2 M, — 1° 165 sin (2D — M,) + 0"5 sin (4 D—2 M,)
— 2' sin D + 39"5sin2D + 112 sin ve.
Die letzten beiden Ausdrücke repräsentiren die Variation und die jährliche
Gleichung; die erstere ist daher bei Tvcno sehr nahe richtig, die zweite um
mehr als die Hälfte zu klein.
Um die Breiten des Mondes darzustellen, sah sich "lvcHo veranlasst,
die Neigung der Mondbahn veränderlich anzunehmen. Er fand nämlich, dass
die grössten Breiten des Mondes in den Syzygien 4° 58^5, in den Quadraturen
5° 17'"5 waren. Die hieraus sich ergebende Veränderlichkeit der Neigung be-
trügt 19', weshalb TvcHo annimmt, dass sich die Pole der Mondbahn in einem
kleinen Kreise bewegen, dessen Halbmesser 9^5 ist, und dessen Mittelpunkt vom
Pole der Ekliptik 5? 8' absteht.
Die Entfernung des Mondes findet Tvcuo in der Erdnähe 52}, in der
Erdferne 60%, das Verhiltniss der gréssten und kleinsten Entfernung gleich 1:16.
Dagegen findet er für den scheinbaren Halbmesser des Mondes in der gróssten
Entfernung von der Erde 32' 32", in der kleinsten 36' 0", also das Verhältniss
derselben gleich 1:11. Die Entfernung der Sonne von der Erde nimmt TycHo
gleich 1150 Erdhalbmessern, und dieses ist auch die mittlere Entfernung von
Mercur und Venus. Die mittlere Entfernung des Mars ist 1745, des Jupiter 3990,
des Saturn 10550 Erdhalbmesser, die Entfernung der Fixsternspháre gleich 14000
Erdhalbmessern.
Tvcuo BRAHE war der erste, der den Lauf eines Kometen durch Rechnung
verfolgte. Da er keine messbare Parallaxe für den Kometen von 1577 fand, so
nahm er als erwiesen an, dass er zu den Weltkörpern gehöre, und schloss, dass
er eine Kreisbahn ausserhalb der Venusbahn um die Sonne beschreibe, deren
Halbmesser kleiner als die Entfernung der Erde von der Sonne sei. TYCHO
fand jedoch ferner, dass der Komet sich in dieser Bahn nicht gleichförmig
bewegte, auch schien ihm eine Zerlegung in zwei einfache Bewegungen (auf
einem Epicykel) nicht geeignet, denn er glich die Bewegung empirisch derart
aus, dass die Veränderungen derselben ziemlich regelmässig stattfänden. Er gab
auch eine »Ephemeride« des Kometen, in welcher ausser dieser heliocentrischen
3ewegung auch die geocentrischen Längen und Breiten nebst den täglichen Ver-
änderungen derselben angeführt erschienen. Die Richtung der Kometenschweife,
welche FRACASTOR (+ 1553) und APIAN (1495—1552) von der Sonne weggerichtet
fanden, findet TvcHo von der Venus weggerichtet, eine Erscheinung, die sich
wohl durch die Krümmung der Kometenschweife erklüren lässt.