Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 2. Band)

  
  
    
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
   
     
Kometen und Meteore. 89 
Viel wahrscheinlicher erscheint es, den Kometenschweif als eine optische 
Begleiterscheinung stark elektrisch polarisirter Kometen anzusehen. Gerade so 
nämlich, wie die Sonne Licht. und Wármewirkungen ausübt, muss sie auch als 
eine Quelle von Elektricitát angesehen werden, welche in den sie umgebenden 
oder umkreisenden kleineren Kórpern Elektricitát durch elektrostatische Induction 
(Influenz) erregt. Die Menge der inducirten Elektricitdt ist abhängig von der 
Natur des Kórpers selbst (seiner Dielektricitátsconstante) und von der Entfernung. 
Bei denjenigen Kórpern, deren Bahnen stark excentrisch sind, wird, gerade so 
wie bei der Würmewirkung eine grosse Verschiedenheit in dem elektrischen 
Zustande, eine bedeutende Erhóhung der elektrischen Ladung und elektrischen 
Spannung in der Sonnennáhe auftreten, wodurch sich elektrische Ausgleichungen 
mit anderen in der Náhe befindlichen Kórpern (Entladungen) namentlich Aus- 
gleichungen in einem etwa vorhandenen wenig dichten Medium (áhnlich wie 
bei den GisLER'schen Róhren) auftreten werden. Diese elektrischen Aus- 
gleichungen werden nun wohl auch mit einer Ueberführung von Massen ver- 
bunden sein, welche aber in einem Massenaustausch zwischen den nächstgelegenen 
Massen, ohne nennenswerthen Massenverlust bestehen. Da die Entladung in 
der Richtung der Kraftlinien (senkrecht zu den Niveauflächen) stattfindet, so ist 
die Richtung der Entladung in der Richtung des Radiusvectors (von der Sonne 
weg), während sich bei in der Nähe befindlichen sehr stark polarisirten anderen 
Körpern in anderen Richtungen auch in diesen Ausgleichungen, also anomale 
Kometenschweife ergeben werden. Eine besondere Stütze erfährt diese Annahme 
noch dadurch, dass jetzt, seit Anwendung der Photographie die Erscheinungen der 
anomalen Kometenschweife viel öfter beobachtet werden; dass übrigens auf den 
Platten viel mehr Details auftreten, als man mit freiem Auge wahrzunehmen in 
der Lage ist, deutet darauf hin, dass das Licht der Schweife stärker aktinisch 
ist, also auf der brechbareren Seite des Spectrums liegt. 
Auch das Fluctuiren, Schiessen, Spielen der Schweife erklärt sich durch 
diese Annahme ganz ungezwungen. Beobachtungen, durch welche diese Theorie 
eine specielle Stütze erhält sind noch: das Zurücktreten des Kohlenwasserstoff- 
spectrums bei dem Auftreten von Metalllinien, eine Erscheinung, welche nach 
HassELBERG speciell den elektrischen Entladungen eigen ist, und die Beobachtung 
von HrrscHEL, dass die Farbe des Kometen 1811 I in allen Teleskopen griin- 
lich oder bláulichgrün war, wáhrend die Farbe der Lichthülle eine sehr bestimmt 
gelbliche, in auffallendem Contraste mit der griinlichen Farbe des Kopfes stehende 
war, was auf eine disruptive Entladung an einer negativen Elektrode schliessen 
lásst. 
Schon ScHROTER nimmt an  »dass schlechteidings die Regionen des 
Himmels den átherischen Lichtstoff selbst enthalten müssen, welcher von der 
fortstossenden oder fortwirkenden Kraft der Sonne und des Kometen zum Lichte 
des Schweifes erwec"t wird.« Ziemlich präcis ist die Elektricität als Ursache der 
Kometenschweife 1862 von V. MarCH in folgenden Worten ausgesprochen 1): 
> +. I ventured the suggestion, that the tail of a Comet is probably of the same nature, 
it being simply an electric current, rendered. visible by its own illumination of a 
stream of particles which it is continually transporting with nearly the velocity 
of electricity itself from the atmosphere of the Comet.« Allein hier wird noch 
1) »The distinguishing Features of Comets considered as Phases of an Electrieal discharge 
resulting from Excentricity of Orbite. American Journal of Sciences and Arts, II Serie, Bd. 33, 
pag. 89.
	        
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