m Sinne
Kometen und Meteore. 187
Vorrücken der Knotenlinie (zu einem Orte, wo sich die Erde in einem spáteren
Datum befindet), deutet, so schloss schon HUMBOLDT, dass die Meteore des
Novemberschwarms in ihrer Bahn retrograd sein müssen, eine Vermutung, die
sich später auch bestätigte.
Die Störungen, welche die sich in elliptischen, parabolischen oder hyper-
bolischen Bahnen um die Sonne bewegenden Sternschnuppenschwärme erleiden,
sind, solange sie sich den störenden Himmelskörpern nicht allzusehr nähern,
so gross oder so klein auch die Sternschnuppen sind, ganz von derselben Art,
wie die Störungen aller andern Himmelskörper. Ihre Berechnung kann auch auf die-
selbe Art erfolgen, und gehört nicht hierher. Nebst diesen Störungen erleiden aber
die Sternschnuppen, ebenso wie diejenigen Kometen, welche sich einem Planeten
auf sehr kleine Distanzen nähern, weitaus grössere Störungen, welche aber bei
den periodischen Schwärmen genau derselben Art sind, wie sie bereits bei den
sporadischen Meteoren angeführt wurden: Geschwindigkeitsánderungen und
Aenderungen der Radianten (Zenithattraction).
Infolge der Zenithattraction kónnen nun aber diejenigen Sternschnuppen des
Schwarms, welche bei einem Umlaufe sehr nahe bei der Erde vorbeigehen, so
weit aus ihrer Bahn abgelenkt werden, dass sie ihre Umlaufszeit betrüchtlich
ändern!). So kann für den Novemberschwarm, dessen Umlaufszeit 331 Jahre
betrágt, durch die Erdanziehung diese Umlaufszeit auf 282 Jahre verkürzt oder
auch auf 50 Jahre verlángert werden; eine parabolische Bahn kann durch die
Erdanziehung in einen elliptischen Strom verwandelt werden, für welchen die
Umlaufszeiten je nach der Entfernung, bis zu welcher sich der Strom der Erde
náhert, selbstverstándlich verschieden sind. Náhert sich der Strom zur Entfernung
f, so wird die Halbaxe « und Umlaufszeit 7' gegeben durch?):
für. #—] 2 3 À 5 6 7 8 9 10 Erdradien
wird 2—2:65 5:04 7:43 9:90 12:46 14-77 1719 19:64. 22:08 24:45 Erdbahnhalbax.
Z=4:31 11-31 20-26 31:15 43:98 56776 71:27 87:04 1038775 120:90 Jahre.
Dadurch werden dann diese Theile aus der Sternschnuppenwolke abgelóst,
sie eilen vor oder bleiben zurück, treten theilweise auch aus dem ganzen
Schwarme heraus, sodass dieser in die Lánge gezogen und verbreitert wird. Im
Laufe der Jahre bei wiederholten Vorübergángen muss dann durch die fort-
währende Zerstreuung eine Vertheilung des Sternschnuppenschwarmes und eine
Verringerung der Dichtigkeit entstehen. Diese Zerstreuung ist aber um so grósser,
je grósser die Zenithattraction ist, d. h. sie ist stärker für Ströme, die aus dem
Antiapex kommen, welche sich also direkt bewegen. Daher kommt es, dass der
sich retrograd in geringer Neigung bewegende Strom der Leoniden (Entfernung
des Radianten vom Apex etwa 14?), so wenig zerstreut wird, und daher mit so
grosser Regelmässigkeit nach je 334 Jahren mit seinem Maximum auftritt, während
die Zerstreung des Stromes sich auf etwa 3 Jahre, d. i. ungefáhr 4! seiner Bahn-
länge erstreckt. Mehr zerstreut ist der Strom der Perseiden, für welchen der
Abstand des Radianten vom Apex 40? ist; dieses würde aber noch nicht hin-
reichen, die sonderbaren Erscheinungen der grossen ráumlichen und zeitlichen
I) TwiNING (American Journal of Sciences, II. Serie, Bd. 33, pag. 255) bemerkt, dass durch
die Zenithattraction auch der Knoten eine retrograde Bewegung erhilt, indem die Sternschnuppen
schneller, also früher, d. h. an einem etwas zurückliegenden Punkte der Erdbahn, zur Erde ge-
langen; doch betrifft dieses natürlich nur die zur Erde oder in unmittelbarste Nähe derselben
gelangenden Meteore, nicht aber den ganzen Schwarm.
?) SCHIAPARELLI, l. c., pag. 153.