Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 2. Band)

  
      
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
    
222 Kometen und Meteore. 
und Meteore in denselben Bahnen bewegen, so haben vorzugsweise zwei Hypo- 
thesen Platz‘ gefunden: diejenige von der Bildung der Kometen aus Meteoren 
und von dem Zerfalle von Kometen zu Meteoren. 
Gegenwärtig ist fast allgemein die Hypothese angenommen, dass die von 
Kometen weggestossenen Theile die Sternschnuppen bilden. An sich ist diese 
Hypothese gestützt nicht nur durch die Schweifbildung der Kometen, sondern 
auch durch den wirklich beobachteten Zerfall einzelner Kometen. Aber die 
Schwierigkeit ist dabei die, dass die Kometenschweife nicht in der Bahn, 
sondern, namentlich in der Sonnennáhe nahe senkrecht zu derselben, in der 
Richtung des Radiusvectors sind. FAyE!) glaubt diese Schwierigkeit dadurch zu 
beheben, dass er annimmt, dass nicht alle Partikel von dem Kometen durch 
den Schweif in den Weltraum gehen, sondern einzelne Theile in der Náhe 
bleiben, welche dieselbe Bahn beschreiben. Dieses widerspricht aber geradezu 
der Annahme der abstossenden Kraft, wenn man nicht, was viel correkter ist, 
annimmt, dass sich die den Kometen entsprechenden Meteortheile von dem 
Kometenschweife selbst durchaus unterscheiden. 
BREDICHIN lóste diese Schwierigkeit in anderer Weise; er behauptete, dass 
die Sternschnuppen geradezu aus ganz bestimmten Theilen der Ausstrómungen, 
nümlich aus den anomalen Kometenschweifen entsteben; eine Meinung, 
der sich später auch andere anschlossen. Man müsste aber hinzufügen: aus 
anomalen Kometenschweifen, die in der Richtung der Bahn liegen; da 
solche aber nur áusserst selten (insbesondere z. B. bei dem Kometen 1894 I) 
beobachtet wurden, so ist die Meinung BREDiCHIN's wohl kaum in diesem Sinne 
zu verstehen. H. A. NEwTON, der noch 1865 die Sternschnuppen nicht als die 
Fragmente einer vergangenen Welt, sondern eher als das Material für eine 
zukünftige ansah2), sieht 1894 die Sternschnuppen als diejenigen Theile eines 
Kometen an, welche nicht in den Schweif gestossen werden, sondern dem 
Kometen in seiner Bahn folgen?) Endlich findet man auch die Meinung, dass 
wenn in einem Meteorstrom sich kein Komet bewegt, dieses ein Zeichen ist, 
dass der letztere schon ganz aufgelóst ist. 
In dieser Allgemeinheit kann der Satz wohl nicht behauptet werden. Man 
kann wohl sagen, dass durch den Zerfall von Kometen jene Kórperchen ent- 
stehen, die als Sternschnuppen in deren Bahnen um die Sonne kreisen: dass 
aber alle Sternschnuppen so entstanden sein müssen, ist unrichtig. Im Gegen- 
theil scheinen grosse und kleine Körper in buntem Durcheinander um die Sonne 
zu schwärmen: von den kleinsten, unsichtbaren, die in die Erdatmosphäre ge- 
langend, dort als teleskopische Meteore oder auch überhaupt gar nicht sichtbar 
werden, durch die Gruppe der Sternschnuppen von den verschiedenen Grössen- 
klassen und den grossen Feuerkugeln, von denen oft trotz der ausserordentlichen 
Menge des verdampften Materials noch kolossale Stücke als Ueberreste zur Erde 
fallen, hindurch, bis zu den grössten, nicht mehr mit den Sternschnuppen 
selbst, sondern vielmehr mit den planetarischen Massen vergleichbaren Körpern, 
welche die Kometen bilden%). Dieser qualitativen Zusammengehörigkeit, welche 
nur einen Unterschied in der Grösse postulirt, hat KırkwooD durch die Wahl 
des Namens Ausdruck gegeben; ganz ühnlich, wie man die kleinen Planeten 
1) Compt. rend, Bd. 64, pag. 553 
2) American. Journ. of Sciences and Arts, IT. Serie, Bd. 39, pag. 207. 
?) Ibid. III. Serie, Bd. 47, pag. 152. 
4j Non ad unam natura formam opus suum praestat, sed ipsa varietate se jactat (SENECA). 
  
  
  
 
	        
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