262 Längenbestimmung.
Vergleichung durch einen in Kronstadt an einer dortigen temporären Stern-
warte angestellten Astronomen. Auch in Lübeck befand sich ein kleines Ob-
servatorium, wo die Vergleichungen aufs Neue vorgenommen wurden; endlich
geschah unmittelbar nach der Ankunft in Altona die Vergleichung mit der dor-
tigen Normaluhr. Nach kurzem Aufenthalt in Altona von etwa 1—2 Tagen
erfolgte die Rückreise, auf welcher die Vergleichungen ebenso, nur natürlich
in umgekehrter Reihenfolge, vorgenommen wurden. Kein Tag verging ohne
Vergleichung, selbst wenn sich die Chronometer an demselben Ort und in
Ruhe befanden. Diese Reise, welche hin und her mit der Pause in Altona und
einer etwas längeren in Pulkowa 14 Tage erforderte, wurde vom 19. Mai bis
8. September achtmal wiederholt, sodass jedes Chronometer 16 Bestimmungen
lieferte, oder, wenn man die Hin- und Rückreisen zusammen nimmt, 8 Einzel-
bestimmungen.
Den Zeitbestimmungen in Pulkowa und Altona wurde selbstredend grósste
Aufmerksamkeit zugewandt, hüngt doch von der Ermittelung der absoluten Zeit
an den betreffenden Orten und den daraus abgeleiteten Gángen der Hauptuhren
die Genauigkeit des Endresultates ab. Da ja in der Regel nicht im Augenblick
der Ankunft die Zeitbestimmung zu erhalten ist, so kommt es darauf an, mit
möglichster Zuverlässigkeit die Uhrcorrection für den Moment der Vergleichung
interpoliren zu können.
Die Berechnung der Längendifferenz aus den Vergleichungen bildet eigent-
lich eine Interpolation, die sich aber nur unter der Annahme gewisser Hypothesen
über den Gang oder überhaupt das Verhalten der Chronometer in der Zwischen-
zeit durchführen lässt. Denn an und für sich ist die Berechnung in sofern eine
unbestimmte, als bei einer gewissen Anzahl von Reisen eine Gleichung weniger
vorhanden ist als Unbekannte, welche letztere die jeweiligen Gänge und die
Längendifterenz sind, während die Gleichungen durch jede Reise geliefert werden.
Die Unsicherheit des Ganges wird aber um so grösser, als sich derselbe zusammen-
setzt aus dem Gang der Uhr zwischen Beginn der Reise und Ankunft an der
zweiten Station, sodann aus der Zeit des ruhigen Aufenthalts an der zweiten
Station und endlich dem Gang zwischen der Abreise von der zweiten Station
und der Ankunft an dem Ausgangsort. Wenn ein Unterschied zwischen dem
Reise- und Ruhegang nicht vorhanden wäre, so würde man einfach die Uhr-
correction. vor Abgang vom ersten Ort und bei Rückkehr an denselben ver-
binden, und durch Division mit der Zwischenzeit den mittleren Gang erhalten.
Eine solche Constanz ist aber keinesfalls, selbst bei aller Sorgtalt in der Be-
bandlung der Chronometer anzunehmen. Und wenn wirklich ein Chronometer
diese Annahme rechtfertigte, so dürfte dieselbe darum für ein anderes Chrono-
meter noch nicht gemacht werden. W. SrRUVE hat nun den folgenden Weg
eingeschlagen:
Nennen wir den Abgang von der ersten Station 4, die Ankunft an der
zweiten Z2, den Abgang von der zweiten B', die Ankunft an dem ersten Ort
A', sodass diese Hin- und Herreise als eine vollstándige Reise betrachtet wird.
Es seien die betreffenden Zeiten 7 #, 7', #'", die beobachteten Uhrcorrectionen
€45 74, Bar Car die Zwischenzeiten *,, p,, t, sodass mit p, die Zeit des Auf-
enthalts am zweiten Ort gemeint wird, endlich y,, y5 . . . die mittleren Uhr-
günge in der Zeiteinheit wihrend das Chronometer sich auf der Reise befindet,
dann ist, wenn wir annehmen, dass der Gang des Chronometers während der
Hin- und Herreise t,, tq derselbe blieb, und wenn mit A die westliche Länge
bezeichnet wird