278 Mechanik des Himmels. 1.
Es ist nun noch zu beachten, dass in der ersten Entwickelung die Erde als
kugelfórmig angesehen wurde, was aber nicht der Fall ist, in Folge dessen ist
der Winkel #/Z.S nicht gleich dem Winkel /7' Z.S', denn die Parallaxe wirkt auf
das Azimuth, sodass der Unterschied der scheinbaren Azimuthe des Mondes und
der Sonne nicht gleich dem Unterschied der wahren Azimuthe der beiden
Gestirne ist. Wir haben daher, wenn wir mit À A die Aenderung des Azimuthes
des Mondes durch die Parallaxe bezeichnen,
p sin H sin (p — )
T° nw
p sim p sin (pe — w') cos A
TE m7
sin 4
tang (A' — A) =
1
oder
p sin p sin (p — ¢') sin A
cos h
wo % die wahre Höhe bedeutet; statt des Winkels MZ S haben wir dann in
der ersten Formel, pag. 274, MZS — AA zu setzen. Differenziren wir
cos d = sin h sin H + cos hh cos H cos MZ S,
AA ==
?
so giebt dies
Ades. OIL MES, d
sin d
__ __ p Sin p sin (e — q) sindcos H sinMZS
PT sin d
ein Ausdruck, der aber gewöhnlich = 0 ist.
In Betreff der Verwendung der Sonnenfinsternisse und verwandter Er-
scheinungen zur Längenbestimmung kann auf den Art. Finsternisse um so eher
verwiesen werden, als diese Erscheinungen ja doch zu den seltenen gehören
und ihre Benutzung für vorliegende Zwecke daher eine beschränkte bleibt.
VALENTINER.
Mechanik des Himmels.
1. Allgemeine Begriffe. Obzwar in der »Allgemeinen Einleitung in die
Astronomie« im wesentlichen ein kurzer, historischer Abriss gegeben wurde, so
wurden doch auch, wenigstens im Princip, die Hauptfragen, welche die wissen-
schaftliche Astronomie der Gegenwart beschäftigen, berührt. Seitdem am Ende
des vorigen Jahrhunderts NEwrTON das Gesetz der allgemeinen Gravitation auf-
stellte, ist es die Aufgabe der theoretischen Astronomie geworden, alle Bewegungs-
erscheinungen, welche die Himmelskórper dem Beobachter darbieten, aus diesem
Gesetze einheitlich abzuleiten und in jenen Fällen, wo nach sorgfältiger Berück-
sichtigung aller Umstände eine Uebereinstimmung mit den Beobachtungen uicht
zu erzielen ist, jene accessorischen Ursachen zu suchen, welche die beobachteten
Wirkungen zu erklären ermöglichen: Die theoretische Astronomie wurde
Mechanik des Himmels.
Die allgemeine Gravitation sowie auch alle anderen eventuell auftretenden
Bewegungsursachen werden unter dem Begriffe der Kraft subsumirt. Die Natur,
das Wesen der Kraft bleibt dabei völlig gleichgültig. Ganz unwesentlich ist es,
ob man sich die Anziehung ais eine »natürliche Verwandtschaft«, als einen
»Willen« oder in irgend welcher Form vorstellen wolle, oder ob man sich eine
»unvermittelte Anziehung« überhaupt nicht denken kónne: wesentlich ist nur
das Wirkungsgesetz, der mathematische Ausdruck, d. h. das Verháltniss
der Wirkungen für verschiedene gegebene Elementarzustánde.