Heliotrop. 27
auch mit Rücksicht auf den Zeitaufwand gegenüber den mühsamen heliometrischen
Vermessungen einen sehr grossen Vorsprung gewonnen, natürlich unter der
Voraussetzung, dass die Genauigkeit der aus photographischen Aufnahmen ab-
geleiteten Sternpositionen an die der heliometrischen Vermessungen heranreicht.
In letzterer Hinsicht würde man schon viel früher sich eine Vorstellung haben
verschaffen kónnen, wenn nicht die RurHERFURD'schen photographischen Auf-
nahmen von Sternbaufen aus den sechziger Jahren so lange Zeit so gut wie
vollständig unbeachtet und unbearbeitet liegen geblieben wären. Nach dem,
was darüber aber aus den letzten Jahren von der Sternwarte in New-York be-
kannt geworden ist, in deren Besitz diese älteren Photographien übergegangen
sind und wo sie von HAROLD JACOBY vermessen werden, hat man schon vor
zwanzig Jahren eine recht befriedigende Genauigkeit erreicht. In noch höherem
Maasse wird dies wohl bei den neueren Aufnahmen der Fall sein, wie man sie
in Potsdam, Paris und an anderen Orten anstellt, und eine sehr günstige Gelegen-
heit zu Vergleichungen wird das Erscheinen der auf der Göttinger Sternwarte
in den letzten Jahren vorgenommenen Triangulation der Praesepe liefern. Es ist
zu vermuthen, dass auch dem Heliometer in Zukunft immer noch eine sehr be-
deutende Rolle vorbehalten bleibt, wenn es sich in Händen von Astronomen
befindet, die der mühsamen und schwierigen Behandlung eines Präcisions-
insttumentes gewachsen sind, aber in Bezug auf die Schnelligkeit der Auf.
nahmen und der raumdurchdringenden Kraft wird es hinter den photographischen
Refractoren zurückbleiben. Man wird sich in Zukunft wohl nicht mehr
darauf einlassen, am Heliometer Oerter von Sternen bestimmen, die nahe an
der Grenze der Sichtbarkeit liegen, aber obne Zweifel wird es auch in Zukunft
bei der Aufnahme von Sternhaufen durch die Photographie von unschätzbarem
Werthe sein, die Abstánde der helleren und von einander entfernteren Sterne
eines photographisch aufgenommenen Sternhaufens durch heliometrische Beob-
achtungen festzulegen, um die Dimensionen der Gruppe durch ein sicher be-
stimmtes Winkelmaas ausdriicken zu koénnen. Wenn die Heliometerbeobachter
durch den Vorsprung der Photographie entmuthigt, die Hánde in den Schooss
legen und Alles der Photographie überlassen wollten, zu deren Ausführung am
Fernrohre selbst vielleicht nicht einmal wissenschaftlich ausgebildete Astronomen
erforderlich sind, so kónnte vielleicht eines Tages ein ganz unheilvoller Rück-
schlag erfolgen. Auch kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass man die
Bestimmung der Grósse des Sonnendurchmessers und dessen von einigen
Astronomen vermuthete, aber keineswegs erwiesene Verdnderlichkeit mit der
Sonnenfleckenthátigkeit wohl noch auf lange Zeit und vielleicht mit Ausschliessung
der Photographie für immer dem Heliometer überlassen muss. Dieses Instrument
wird also, ausser seiner grossen Leistungsfáhigkeit auf anderen Gebieten, eine
Rolle spielen und einen Namen verdienen, der ihm mit Rücksicht auf seine
erste Anwendung von seinem Erfinder zuertheilt worden ist. Schreiber dieser
Zeilen erfüllt es mit einer gewissen Befriedigung, dass die Góttinger Sternwarte
die Verfolgung solcher Untersuchungen zu einer ihrer Hauptaufgaben ge-
mácht hat. SCHUR,
Heliotrop ist ein ursprünglich von Gauss angegebener kleiner Apparat,
welcher bei geodátischen Messungen dazu dient, einen anvisirten Punkt durch
reflektirtes Sonnenlicht als sternartiges Object erscheinen zu lassen. Es besteht
aus einem kleinen, um zwei Axen (horizontal und vertical) drehbaren Spiegel, der
in der Mitte eine kleine, kreisfórmige Oeffnung bat, und einer etwa 1 Meter