Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 2. Band)

   
520 Mechanik des Himmels. 78. 
irgend ein System' genäherter mittlerer Bewegungen (aus der Theorie bestimmter 
Bewegungen der Elemente oder osculirende mittlere siderische Bewegungen) ver- 
wendet, so werden schon hierdurch die Coéfficienten ganz bedeutend alterirt. 
Im Falle, dass man es mit secundár-elementüren Gliedern zu thun hat, kann es 
vorkommen, dass gewisse osculirende Elemente eine vollständige Commen- 
surabilitit zwischen den mittleren Bewegungen andeuten?) welche thatsáchlich 
nicht stattfindet. Verwendet man aber statt des wahren Divisors?) (drviseur effectif) 
irgend einen bekannten genäherten Werth desselben (diviseur linéair), so wird 
dies eine Darstellung geben, in welcher die aufeinanderfolgenden Näherungen 
eigentlich nach Potenzen des Verhältnisses 
wahrer Divisor — genäherter Divisor 
genäherter Divisor 
  
entwickelt sind, sodass, wenn dieses Verhältniss nicht genügend klein ist, neuer- 
dings schwach convergente Reihen auftreten. Auch diese Schwierigkeit wird 
durch die letzterwähnte Methode nicht vollständig beseitigt. GvYLDEN nennt die 
dadurch auftretenden Glieder kritische (termes critiques), und bemerkt: »Dans 
le cas des termes critiques on est obligé de refaire plusieurs fois, les approxi- 
mations dès le debut, mais on pourra aussi mettre à profit des méthodes de 
tâtonnement conduisant plus promptement au but?)« Man ist demnach wieder 
vor die Frage gestellt, ob man es mit thatsichlich convergenten Entwickelungen 
zu thun hat. 
Zunüchst ist hervorzuheben, dass eine strenge Definition der Convergenz 
nirgends festgestellt erscheint, so dass der Ausspruch von POINCARE, dass sich 
die Astronomen bei ihren Entwickelungen vom Instinkt leiten lassen, beinahe 
gerechtfertigt erscheint. Sodann aber ist, wie POINCARÉ treffend bemerkt, wohl 
zu unterscheiden zwischen der Convergenz einer Reihe im Sinne der Mathematiker 
und Convergenz im Sinne des praktischen Rechnens. Die erste, am passendsten 
und kürzesten als »theoretische Convergenz« bezeichnet, fordert, dass die Glieder 
einer Reihe von einem gewissen angefangen, beständig abnehmen (wenn sie 
auch anfänglich. bis zu einem gewissen Punkte ab- oder auch zunehmen) und 
dass die Summe derselben, bis ins unendliche genommen, einen festen be- 
stimmten endlichen Werth hat. Die zweite, im Gegensatz zur ersten als »prak- 
tische Convergenz« zu bezeichnen, erfordert, dass die Glieder von dem ersten 
an, wenigstens bis zu einem gewissen hin, beständig abnehmen, und die Summe 
dieser Glieder die gegebene Function bis auf einen kleinen, als praktisch 
zulässig erklärten Fehler, darstellt. In diesem Sinne sind demnach die zuerst 
von STIRLING betrachteten semiconvergenten Reihen, als »praktisch convergent« 
zu bezeichnen. In dieser Weise ist z. B. die Reihe 
Ar 
PUE (a) 
wo 4 eine sehr grosse Zahl, z. B. 1000 oder auch noch mehr, ist, »theoretisch 
convergent«, nicht aber »praktisch convergent«; und umgekehrt die Reihe 
2! 
Ar. (b) 
»theoretisch divergent«, hingegen »praktisch convergent«. Während eine theo- 
1) Ein Fall, den man als Libration bezeichnet. 
2) Ueber die Berechnung des wahren Werthes des Divisors aus dem genäherten; vergl. 
GYLDEN in »Acta Mathematica« Bd. 9, pag. 201 ff. 
3) Traité des orbites absolues, pag. 564. 
  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
   
  
   
   
   
  
  
  
    
 
	        
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