104 I Teil. 6. Kapitel. Vorgeschriebene Bedingungen.
Es liegt nahe, die Frage aufzuwerfen, wie es sich, da doch
das mechanische Prinzip der lebendigen Kraft hier verletzt ist,
mit dem universell gültigen Prinzip der Erhaltung der Energie
($ 49) in dem vorliegenden Falle verhält. Das letztere Prinzip
bewahrt natürlich auch hier seine Gültigkeit; in der Tat entsteht
die lebendige Kraft des Aufpunktes keineswegs aus dem Nichts,
sondern sie wird geliefert durch die Arbeit derjenigen Kraftquelle,
welche die Drehung der Geraden besorgt. Denn um die vorge-
Schriebene Bedingung, die konstante Winkelgeschwindigkeit der
Drehung, aufrecht zu erhalten, ist eine Kraft nötig, die von außen
geliefert werden muß, und die um so größer wird, je weiter der
Massenpunkt sich nach außen bewegt. Die Arbeit dieser Kraft
ist nach dem Energieprinzip genau gleich der Zunahme der leben-
digen Kraft des materiellen Aufpunktes.
Allgemeiner können wir sagen, daß in jedem Falle, wo eine
vorgeschriebene Bedingung die Zeit £ explizite enthält, die Auf-
wendung einer gewissen äußeren Arbeit nötig sein wird, um die-
selbe aufrecht zu erhalten, während die von der Zeit unabhängigen
Bedingungen zu ihrer Realisierung keiner äußeren Arbeitsleistung
bedürfen, entsprechend dem Umstand, daß die Arbeit der Zwangs-
kraft bei ihnen stets Null ist ($ 67).