108 II. Teil. 1. Kapitel.
daf man zunáchst die Angriffspunkte an den gemeinsamen Schnitt-
punkt verlegt, den man sich, falls er außerhalb des Körpers liegen
sollte, mit demselben starr verbunden denken muß, und hierauf
die an diesem einzigen Punkt wirkenden Kräfte nach 8 24 zu einer
Resultierenden ./ zusammenfafit, deren Angriffspunkt nun wieder
in der Richtung von 7 beliebig verlegt werden kann.
Betrachten wir als Beispiel die Anziehung, welche eine starre
homogene Kugel nach dem Newtonschen Gravitationsgesetz durch
einen außerhalb derselben gelegenen materiellen Punkt P erfährt.
Diese Anziehung ist die Resultierende aus den Krüften, welche
der Punkt P auf alle Massenelemente der Kugel ausübt, und deren
Richtungen alle durch P gehen. Man verlege daher zunächst alle
diese Kráfte nach .P und setze sie dort zu einer Resultierenden 7
zusammen. Das macht sich sehr einfach, wenn man bedenkt, daß
die Anziehungskraft von P auf ein Massenelement der Kugel gleich
und entgegengesetzt ist der Anziehung des Massenelements auf P;
nach § 33 ist daher /” gleich und entgegengesetzt der Kraft, welche
die im Kugelmittelpunkt vereinigt gedachte Masse der Kugel auf
den Punkt P ausübt. Jetzt kônnen wir den Angriffspunkt von F
wieder von P in die Kugel hinein verlegen, z. B. in den Mittel-
punkt derselben, und erhalten so den Satz, daß die Anziehung,
die eine starre homogene Kugel von einem materiellen Punkt er-
fährt, ebenso groß ist, als ob ihre Masse in ihrem Mittelpunkt
vereinigt wäre.
Dieser einfache Satz gilt aber nur für eine starre Kugel, nicht
etwa auch für eine flüssige Kugel. Denn bei einer solchen wáre
der oben ausgeführte Gedankengang, der mit der nur für starre
Kórper gültigen Verlegung der Angriffspunkte der einzelnen Kráfte
operiert, nicht gestattet. Es ist eben ein wesentlicher Unterschied
zwischen den Kräften, die ein Körper ausübt, und den Kräften, die
ein Körper erleidet. Die ersteren, falls sie auf einen bestimmten
Punkt wirken, lassen sich ohne weiteres zu einer Resultierenden
züsammensetzen, einerlei wie der Körper beschaffen ist, die letz-
teren nur dann, wenn der Körper starr ist.
In der Tat läßt sich die Anziehung, die eine flüssige Kugel
durch die Gravitation erleidet, überhaupt nicht in eine einzige
Kraft zusammenfassen, die Kugel wird sich vielmehr deformieren
(Ebbe und Flut).
Wenn die an dem starren Körper wirkenden Kräfte alle in
einer Ebene liegen, so lassen sie sich im allgemeinen ebenfalls zu