Vorwort.
Wenn die Zahl der in älterer und neuerer Zeit erschienenen,
zum Teil ausgezeichneten Lehrbücher der Mechanik um ein weiteres
vermehrt wird, so bedarf dies einer erläuternden Bemerkung. — In
meiner langjährigen Lehrtätigkeit ist mir immer wieder die Er-
fahrung entgegengetreten, daß die Schwierigkeiten, mit denen der
Studierende beim ersten Betreten des Gebiets der theoretischen
Physik zu kämpfen hat, häufig weniger die mathematische Form,
als vielmehr den physikalischen Inhalt der ihm dargebotenen Ge-
dankengänge betreffen. Nicht das Rechnen mit den Gleichungen,
sondern das Aufstellen und namentlich auch das Interpretieren der-
selben ist es, was ihm am meisten zu schaffen macht. In dieser
Richtung nun ihm hilfreich an die Hand zu gehen ist der Haupt-
zweck des vorliegenden Leitfadens. Er wendet sich speziell an
solche Jünger der Wissenschaft, die durch die Kenntnis der Ele-
mente der analytischen Geometrie, sowie der Infinitesimalrechnung,
Sich bereits im Besitze einer gewissen mathematischen Bildung
befinden. Als besonderes Merkmal der eingeschlagenen Methode
schwebte mir dabei die Aufgabe vor, dem Leser das Lehrgebáude
der Mechanik nicht als etwas fertig gegebenes abgeschlossen vor-
liegendes, sondern als etwas Schritt für Sehritt Gewordenes vorzu-
führen, ihn nicht in einer festen, von den Klassikern der Wissen-
schaft her überkommenen Richtung sozusagen vorwürts zu ziehen,
sondern ihm nur an entscheidenden Wendepunkten.als ratender
und gelegentlich als warnender Wegweiser zu dienen, damit ihm
auch etwas von dem besonderen Reiz übrig bleibt, den jeder un-
abhängig Denkende beim selbständigen Voranschreiten in einer ihm
neuen Gegend empfindet.
Daß damit die Art der Behandlung des Stoffes im allgemeinen
dieselben Wege einschlägt, welche die Entwicklung der Wissen-
schaft tatsächlich durchgemacht hat, wird jedem einleuchtend er-
scheinen, der wie ich sich zu der Ansicht neigt, daß die Geschichte
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