Jahrhunderten, sondern mit vielen Jahrtausenden rech-
nen. Oder will jemand im Ernst bestreiten, daß der Homo
sapiens während der letzten hunderttausend Jahre einen
Fortschritt, eine Vervollkommnung erfahren hat ? Warum
sollte diese Hóherentwicklung nicht noch weitergehen,
wenn nicht in gerader Richtung, so doch 1n Wellenlinien ?
Freilich: dem einzelnen ist mit solchen Überlegungen
auf weite Sicht nicht gedient, sie kónnen ihm keine Hilfe
in der Not, keine Heilung seiner Schmerzen bringen. Die-
sem bleibt nichts übrig als ein geduldiges Ausharren 1m Le-
benskampf und eine stille Ergebung in den Willen der hó-
heren Macht, die über ihm waltet. Denn ein rechtlicher An-
spruch auf Glück, Erfolg und Wohlergehen im Leben ist
niemandem von uns in die Wiege gelegt worden. Darum
müssen wir eine jede freundliche Fügung des Schicksals,
eine jede froh verlebte Stunde als ein unverdientes, ja als
ein verpflichtendes Geschenk entgegennehmen. Das ein-
zige, was wir mit Sicherheit als unser Eigentum beanspru-
chen dürfen, das hóchste Gut, was uns keine Macht der
Welt rauben kann, und was uns wie kein anderes auf die
Dauer zu beglücken vermag, das ist eine reine Gesinnung,
die ihren Ausdruck findet in gewissenhafter Pfhchterfül-
lung. Und wem es vergónnt ist, an dem Aufbau der exak-
tenWissenschaft mitzuarbeiten, der wird mit unserem acht-
zigjáhrigen Dichter, dessen Name diesen Saal schmückt,
sein Genügen und sein innerliches Glück finden in dem Be-
wuftsein, das Erforschliche erforscht zu haben und das
Unerforschliche ruhig zu verehren.