Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 1)

   
154 Physikalische Gesetzlichkeit 
die Newtonsche Kraft als der Haupt- und Grundbegriff der 
Mechanik, und nieht nur der Mechanik, sondern der ganzen 
Physik hingestellt wurde, und daß man sich mit der Zeit 
gewöhnte, bei allen physikalischen Vorgängen immer in erster 
Linie nach der Kraft zu fragen, welche sie verursacht. 
In gewissem Gegensatz hierzu steht das Bild, welches uns 
die neuere Entwicklung der Physik darbietet. Man darf ruhig 
sagen, daß heute die Newtonsche Kraft ihre grundlegende 
Bedeutung für die theoretische Physik verloren hat. In dem 
modernen Aufbau der Mechanik erscheint sie nur mehr als 
sekundäre Größe, man hat sie ersetzt durch einen anderen 
höheren und umfassenderen Begriff, den der Arbeit oder des 
Potentials, indem man die Kraft allgemein definiert als das 
Potentialgefälle oder als den negativen Potentialgradienten. 
Aber — so könnte man versucht sein einzuwenden — wie 
ist es möglich, die Arbeit als das Primäre anzusehen, da doch, 
wenn Arbeit entstehen soll, immer zuerst eine Kraft da sein 
muß, welche die Arbeit leistet? Wer so spricht, der denkt 
nicht physikalisch, sondern physiologisch. Gewiß ist bei der 
Arbeit, die man bei der Emporhebung eines Gewichtes leistet, 
die Muskelkontraktion mit den sie begleitenden Empfindungen 
das Primäre und bildet die Ursache der eintretenden Bewe- 
gung. Aber dieser physiologische Vorgang ist begrifflich scharf 
zu trennen von der hier in Rede stehenden physikalischen 
Kraft der Anziehung, welche die Erde auf das Gewicht ausübt 
und welche ihrerseits allein bedingt wird durch das primär 
vorhandene Gravitationspotential. 
Das Potential behauptet den Vorrang vor der Kraft nicht 
allein deshalb, weil die physikalische Gesetzlichkeit durch 
seine Einführung eine einfachere Form annimmt, sondern 
auch weil die Bedeutung des Potentialbegriffes viel weiter 
reicht als die des Kraftbegriffes, namentlich auch über das 
Gebiet der Mechanik hinaus bis in das Gebiet der chemischen 
Verwandtschaftslehre, wo von Newtonscher Kraft überhaupt 
nicht mehr die Rede sein kann. Freilich muß zugegeben wer- 
den, daß der Begriff des Potentials nicht den einleuchtenden 
Vorteil der unmittelbaren Anschaulichkeit besitzt, welcher 
dem der Kraft vermöge seiner Beziehung zum Muskelsinn 
innewohnt, und daß daher durch die Elimination des Kraft- 
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
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