216 Positivismus und reale Außenwelt
einen galvanischen Strom beobachtete, oder eines Faraday,
dem zum erstenmal ein elektromagnetischer Induktionseffekt
aufstieß, oder eines Hertz, der mit der Lupe nach winzigen
elektrischen Fünkchen im Brennpunkt seines parabolischen
Spiegels suchte, ein solches Aufsehen und eine solche Um-
wälzung in der internationalen Welt der Physiker hervor-
riefen? Der Positivismus kann auf diese Frage nur eine sehr
gewundene und im hohen Grade unbefriedigende Antwort
geben. Er muß sich auf die Glaubwürdigkeit der Theorie
berufen, welche die Aussicht eröffnete, daß diese einzelnen
an sich unbedeutenden Erlebnisse eine große Anzahl wichtiger
und folgereicher Erlebnisse anderer Personen nach sich ziehen
würden. Aber andrerseits ist doch die positivistische Theorie
dadurch ausgezeichnet, und sie tut sich etwas darauf zugute,
daß sie nichts anderes geben will als eine Beschreibung tat-
sächlich vorliegender Erlebnisse, und die Frage, wieso es
denn kommt,. daß ein gewisses Erlebnis eines einzelnen
Physikers, selbst bei einer ganz primitiven Beschreibung, un-
mittelbar auch für alle anderen Physiker der ganzen Welt
Bedeutung besitzt, bleibt von ihrem Standpunkt aus un-
untersucht und muß als physikalisch sinnlos abgelehnt
werden.
Der Grund für diese auffallende Erscheinung ist leicht ein-
zusehen. Der Positivismus, konsequent durchgeführt, leugnet
den Begriff und die Notwendigkeit einer objektiven, das heißt
von der Individualität des Forschers unabhängigen Physik.
Er ist gezwungen, das zu tun, weil er grundsätzlich keine
andere Wirklichkeit anerkennt als die Erlebnisse der ein-
zelnen Physiker. Ich brauche nicht zu sagen, daß mit dieser
Feststellung die Frage, ob der Positivismus zum Aufbau der
physikalischen Wissenschaft genügt, unzweideutig beant-
wortet ist; denn eine Wissenschaft, die sich selber das Prädikat
der Objektivität prinzipiell aberkennt, spricht damit ihr
eigenes Urteil. Die Grundlage, die der Positivismus der
Physik gibt, ist zwar fest fundiert, aber sie ist zu schmal,
sie muß durch einen Zusatz erweitert werden, dessen Be-
deutung darin besteht, daß die Wissenschaft nach Möglich-
keit befreit wird von den Zufälligkeiten, die durch die Be-
zugnahme auf einzelne menschliche Individuen in sie hinein-