8 Die Einheit des physikalischen Weltbildes
Vorteil zog. Heute sprechen wir das Energieprinzip ganz
ohne Bezugnahme auf menschliche oder technische Gesichts-
punkte aus. Wir sagen, daß die Gesamtenergie eines nach
außen abgeschlossenen Systems von Körpern eine Größe ist,
deren Betrag durch keinerlei innerhalb des Systems sich ab-
spielende Vorgänge vermehrt oder vermindert werden kann,
und wir denken gar nicht mehr daran, die Genauigkeit, mit
der dieser Satz gilt, abhängig zu machen von der Feinheit
der Methoden, welche wir gegenwärtig besitzen, um die Frage
der Realisierung eines Perpetuum mobile experimentell zu
prüfen. In dieser strenggenommen unbeweisbaren, aber mit
elementarer Gewalt sich aufdrängenden Verallgemeinerung
liegt die oben besprochene Emanzipation von den anthro-
pomorphen Elementen.
Während so das Energieprinzip als ein fertiges selbständiges
Gebilde, losgelöst und unabhängig von den Zufälligkeiten
seiner Entwicklungsgeschichte, vor uns steht, ist das nämliche
noch keineswegs in gleichem Maße der Fall bei demjenigen
Prinzip, welches R. Clausius unter dem Namen des zweiten
Hauptsatzes der Wärmetheorie in die Physik eingeführt hat;
und gerade der Umstand, daß dieser Satz die Eierschalen
seiner Entwicklung auch heute noch nicht vollständig ab-
gestreift hat, verleiht ihm in unserer heutigen Besprechung
besonderes Interesse. In der Tat trägt der zweite Hauptsatz
der Wärmetheorie, wenigstens in seiner landläufigen Beur-
teilung, noch entschieden anthropomorphen Charakter. Gibt
es doch zahlreiche hervorragende Physiker, welche seine
Gültigkeit in Verbindung bringen mit der Unfähigkeit des
Menschen, in die Einzelheiten der Molekularwelt einzudringen
und es den Maxwellschen Dämonen gleichzutun, welche
ohne jeglichen Arbeitsaufwand, lediglich durch rechtzeitiges
Vor- und Zurückschieben eines kleinen Riegels, die schnelleren
Moleküle eines Gases von den langsameren zu trennen ver-
mögen. Man braucht aber kein Prophet zu sein, um mit
Sicherheit vorauszusagen, daß der Kern des zweiten Haupt-
satzes mit menschlichen Fähigkeiten nichts zu tun hat und
daß daher auch seine endgültige Formulierung in einer Weise
erfolgen muß und erfolgen wird, welche keinerlei Bezugnahme
auf die Ausführbarkeit irgendwelcher Naturprozesse durch