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Religion und Naturwissenschaft 103
mittelbar und primär gegeben. Aus ihm, aus seinem allmächtigen
Willen, quillt alles Leben und alles Geschehen in der körperlichen
wie in der geistigen Welt. Wenn er auch nicht mit dem Verstand
erkennbar ist, so wird er doch durch die religiösen Symbole in der
Anschauung unmittelbar erfaßt und legt seine heilige Botschaft in
die Seelen derer, die sich ihm gläubig anvertrauen. Im Gegensatz
dazu ist für den Naturforscher das einzig primär Gegebene der In-
halt seiner Sinneswahrnehmungen und der daraus abgeleiteten Mes-
sungen. Von da aus sucht er sich auf dem Wege der induktiven For-
schung Gott und seiner Weltordnung als dem höchsten, ewig un-
erreichbaren Ziele nach Möglichkeit anzunähern. Wenn also beide,
Religion und Naturwissenschaft, zu ihrer Betätigung des Glaubens
an Gott bedürfen, so steht Gott für die eine am Anfang, für die
andere am Ende alles Denkens. Der einen bedeutet er das Funda-
ment, der andern die Krone des Aufbaues jeglicher weltanschau-
licher Betrachtung.
Diese Verschiedenheit entspricht der verschiedenen Rolle, welche
Religion und Naturwissenschaft im menschlichen Leben spielen. Die
Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion
aber braucht er zum Handeln. Für das Erkennen bilden den einzigen
festen Ausgangspunkt die Wahrnehmungen unserer Sinne, die Vor-
aussetzung einer gesetzlichen Weltordnung dient hier nur als die
Vorbedingung zur Formulierung fruchtbarer Fragestellungen. Für
das Handeln ist aber dieser Weg nicht gangbar, weil wir mit unsern
Willensentscheidungen nicht warten können, bis die Erkenntnis voll-
ständig oder bis wir allwissend geworden sind. Denn wir stehen
mitten im Leben und müssen in dessen mannigfachen Anforderungen
und Nöten oft sofortige Entschlüsse fassen oder Gesinnungen be-
tätigen, zu deren richtiger Ausgestaltung uns keine langwierige Über-
legung verhilft, sondern nur die bestimmte und klare Weisung, die
wir aus der unmittelbaren Verbindung mit Gott gewinnen. Sie allein
vermag uns die innere Festigkeit und den dauernden Seelenfrieden
zu gewährleisten, den wir als das höchste Lebensgut einschätzen
müssen; und wenn wir Gott außer seiner Allmacht und Allwissenheit
auch noch die Attribute der Güte und der Liebe zuschreiben, so ge-
währt die Zuflucht zu ihm dem trostsuchenden Menschen ein erhöhtes
Maß sicheren Glücksgefühls. Gegen diese Vorstellung läßt sich vom
Standpunkt der Naturwissenschaft nicht das Mindeste einwenden,
weil ja die Fragen der Ethik, wie wir schon betont haben, gar nicht
in ihren Zuständigkeitsbereich gehören.
Wohin und wie weit wir also blicken mögen, zwischen Religion
und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch, wohl
aber gerade in den entscheidenden Punkten volle Übereinstimmung.
Religion und Naturwissenschaft — sie schließen sich nicht aus, wie