Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

   
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Die Stellung der neueren Physik zur mechanischen Naturanschauung 
Richtung ist unter den groften Physikern wohl Lord Kelvin bis an 
sein Lebensende gewesen. Es erwies sich als nicht móglich, die elek- 
trodynamischen Vorgünge im freien Áther aus einer einheitlichen 
mechanischen Hypothese abzuleiten — wührend doch dieselben Vor- 
günge in wunderbarer Einfachheit und mit einer bis jetzt in. allen 
Einzelheiten bestätigten Genauigkeit durch die Maxwell-Hertz- 
schen Differentialgleichungen dargestellt werden. Die Gesetze selber 
waren also bis ins einzelne und einzelste bekannt, nur die mecha- 
nische Erklärung dieser einfachen Gesetze versagte, und zwar voll- 
ständig und endgültig. Wenigstens glaube ich in Physikerkreisen 
keinem ernsthaften Widerspruch zu begegnen, wenn ich zusammen- 
fassend sage, daß die Voraussetzung der genauen Gültigkeit der 
einfachen Maxwell-Hertzschen Differentialgleichungen für die 
elektrodynamischen Vorgänge im reinen Äther die Möglichkeit ihrer 
mechanischen Erklärung ausschließt. Daß Maxwell mit Hilfe mecha- 
nischer Vorstellungen ursprünglich auf seine Gleichungen gekommen 
ist, ändert natürlich nichts an dieser Tatsache. Es wäre nicht das 
erste Mal, daß ein genau richtiges Resultat durch eine nicht ganz zu- 
reichende Ideenverbindung aufgefunden wurde. Wer heutzutage an 
der mechanischen Auffassung der elektrodynamischen Vorgänge im 
freien Äther festhalten will, der ist genötigt, die Maxwell-Hertz- 
schen Gleichungen als nicht ganz exakt anzusehen und sie durch 
Hinzufügung gewisser Glieder von kleinerer Größenordnung zu prä- 
zisieren. Gegen die Berechtigung dieses Standpunktes läßt sich gewiß 
von vornherein nichts einwenden, und es bietet sich hier noch ein 
reiches Feld für Spekulationen aller Art, aber andererseits muß doch 
beachtet werden, daß seine Begründung lediglich auf dem Wege des 
Experimentes erfolgen kann, und daß man bei jedem derartigen Ver- 
such nachgerade stark mit der Möglichkeit rechnen muß, zu den mannig- 
fachen bisher vergeblich ersonnenen Experimenten noch ein neues zu 
fügen. Von derartigen Experimenten habe ich schon gesprochen; eins. 
habe ich aber noch nicht erwähnt, und das ist das wichtigste von 
allen, denn seine Bedeutung ist ganz unabhängig von allen näheren 
Annahmen über die Natur des Lichtäthers. 
Mag man nämlich über die Konstitution des Lichtäthers denken 
wie man will, mag man ihn als kontinuierlich oder als diskontinuier- 
lich, aus ,,Átheratomen* oder aus ,Neutronen* bestehend ansehen, 
stets erhebt sich die Frage, ob bei der Bewegung eines durchsichtigen 
Körpers der darin befindliche Lichtéther von dem bewegten Körper 
mitgenommen wird, oder ob der Lichtäther, während der Körper sich 
bewegt, ganz oder teilweise in Ruhe bleibt. Auf diese Frage läßt sich 
mit Sicherheit eine Antwort dahin geben, daß der Lichtäther jeden- 
falls nicht immer vollständig, häufig so gut wie gar nicht von dem 
Körper mitgenommen wird. Denn in einem bewegten Gase, z. B. in 
   
	        
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