30 Das Prinzip der kleinsten Wirkung
verschiedenen Zeiten in einer bestimmten Ebene abspielen, die Vor-
gänge vor und hinter der Ebene zu berechnen. Wenn die erstere
Aufgabe gewöhnlich als das eigentliche Problem der Physik bezeich-
net wird, so liegt darin strenggenommen eine willkürliche und un-
sachliche Beschränkung, die nur dadurch ihre historische Erklärung
findet, daß ihre Lösung für die Menschheit in den weitaus meisten
Fällen praktisch nützlicher ist als die der zweiten. So gut nun die
Berechnung der Wirkungsgröße eines Körpersystems eine Integra-
tion über den von den Körpern eingenommenen Raum erfordert,
ebenso muß, damit der Raum nicht vor der Zeit bevorzugt wird, die
Wirkungsgröße auch ein Zeitintegral enthalten. Denn erst Raum und
Zeit zusammengenommen bilden die „Welt“, auf die sich die Wir-
kungsgröße bezieht.
Wie das Prinzip der kleinsten Wirkung, so erhält auch das Prinzip’
der Erhaltung der Energie in der Relativitátstheorie seine bestimmte
Stelle angewiesen. Die Energie ist aber nicht invariant gegen
Loren tztransformationen, wie sie es früher auch gegen Galilei-
transformationen nicht war. Denn in ihr spielt die Zeit eine bevor-
zugte Rolle. Das entsprechende Korrelat für den Raum ist das Prin-
zip der Erhaltung der Bewegungsgróf?e. Über beiden Prinzipien aber
thront, sie gemeinsam umfassend, das Prinzip der kleinsten Wirkung,
welches somit alle reversiblen Vorgünge der Physik zu beherrschen
scheint. Für die Irreversibilitàt liefert es freilich keine Erklärung;
denn nach ihm kann ein jeder Vorgang, ebenso wie im Raume, so auch
in der Zeit nach jeder beliebigen Richtung, vorwürts und rückwärts,
verlaufen. Das Problem der Irreversibilität entzieht sich daher der
Besprechung an dieser Stelle.