Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
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Verhältnis der Theorien zueinander 
nes sogenanntes bewegliches Gleichgewicht, und zwar läßt sich die 
Größe der mittleren Schwankung aus den Sätzen der Wahrscheinlich- 
keitsrechnung quantitativ genau ableiten. Hier hat sich nun überall 
die statistische Theorie auf das glänzendste bewährt. Am über- 
raschendsten und überzeugendsten wirkt wohl auf den unbefangenen 
Beschauer der Anblick der sogenannten Brownschen Molekular- 
bewegung, bei welcher eine ruhende Flüssigkeit von durchaus gleich- 
mäßiger Dichte und Temperatur in ihrem Innern einen unaufhörlichen 
äußerst lebhaften wirren Tanz der kleinen in ihr suspendierten Par- 
tikeln zeigt — eine vom Standpunkt der reinen Dynamik durchaus un- 
erklärliche, vom Standpunkt der Statistik bis in alle Einzelheiten der 
Vorausberechnung zugängliche Tatsache. 
So ist der starke Gegensatz, mit dem Dynamik und Wärmetheorie 
anfänglich aufeinander stießen, überwunden worden durch den prin- 
zipiellen Verzicht auf die Annahme absoluter Gesetzmäßigkeit in 
allen thermischen und chemischen Erscheinungen, verbunden mit der 
Einführung der atomistischen Betrachtungsweise, welche mit einer 
Anzahl neuer, für sie charakteristischer Naturkonstanten, den Atom- 
gewichten, operiert. Aber, wie es scheint, wird dies nicht das einzige 
und nicht das schwerste Opfer sein, welches die Dynamik bringen muß, 
wenn sie die Wärmetheorie in ihrem vollen Umfang mitumfassen 
will. Denn mit der Diskontinuität der Materie ist es wahrscheinlich 
noch nicht getan. Die Gesetze der Wärmestrahlung, der spezifischen 
Wärme, der Elektronenemission, der Radioaktivität und noch manche 
andere Erfahrung sprechen übereinstimmend dafür, daß nicht nur die 
Materie selber, sondern auch die von der Materie ausgehenden Wir- 
kungen (wofern man überhaupt eine solche Unterscheidung machen 
kann) diskontinuierliche Eigenschaften besitzen, welche abermals 
durch eine neue Naturkonstante: das elementare Wirkungsquantum, 
charakterisiert werden. Ist dasselbe auch numerisch so ungeheuer 
klein, daß die Resultate der klassischen Dynamik für alle gröberen 
Vorgänge durch seine Einführung sicherlich nicht merklich modi- 
fiziert werden, so bildet es doch grundsätzlich genommen in dem 
Organismus der bisherigen Theorie einen Fremdkörper, dessen Auf- 
treten vorläufig um so unbequemer empfunden wird, als nicht nur die 
eigentliche Bedeutung des Wirkungsquantums bis jetzt der Anschau- 
lichkeit fast gänzlich entbehrt, im Gegensatz zu den Elektronen und 
Atomen, die doch wenigstens mit den Himmelskörpern gewisse Ana- 
logien aufweisen, sondern als auch, was viel schwerer wiegt, noch 
nicht einmal die Stelle genau bezeichnet werden kann, wo das Wir- 
kungsquantum unterzubringen ist. Kein Wunder daher, daß die 
klassische Theorie sich zur Zeit noch mit allen Kräften gegen die 
Aufnahme dieses Eindringlings sträubt, und daß in jedem Falle Jahre 
vergehen werden, bis sich der beiderseitige Assimilationsprozeß voll-
	        
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