50 Das Wesen des Lichts
mäßigkeit, streng monochromatisch, erfolgen, bleibt einstweilen voll-
ständig im Dunkeln.
Fürwahr: man könnte geneigt sein, alle diese Vorstellungen als
das Spiel einer zwar blühenden, aber doch leeren Phantasie zu be-
werten. Wenn man jedoch andererseits bedenkt, daß es mit Be-
nutzung dieser Hypothesen gelingt, die geheimnisvolle, schon seit
Jahrzehnten von zahlreichen Physikern in unablässiger angestrengter
Arbeit durchforschte Struktur der Spektren der verschiedenen che-
mischen Elemente, insbesondere die verwickelten GesetzmifBigkeiten
in der Anordnung der Spektrallinien, iiber die bereits ein riesiges
kostbares Beobachtungsmaterial angesammelt und gesichtet ist, mit
einem Schlage aufzuhellen, nicht nur im grofien und ganzen genom-
men, sondern, wie zuerst Arnold Sommerfeld nachgewiesen hat,
zum Teil bis in die feinsten Einzelheiten hinein, mit einer Genauig-
keit, welche mit der der schiirfsten Messungen wetteifert, ja sie
stellenweise noch übertrifft — dann wird man sich doch des Eindrucks
nicht erwehren können, daß es wieder einmal wirklich gelungen ist,
der Natur etwas auf die Sprünge zu kommen, im wörtlichen Sinne
gesprochen, und daß man wohl oder übel sich entschließen muß, die-
sen Lichtquanten eine gewisse reale Existenz zuzuerkennen, wenig-
stens für den Augenblick ihres Entstehens. Was dann später aus
ihnen wird, wenn sich das Licht weiter in die Umgebung verbreitet:
ob die Energie eines Quantums räumlich dauernd beisammen bleibt,
im Sinne der Newtonschen Emanationstheorie, oder ob sie sich, im
Sinne der Huygensschen Wellentheorie, nach allen Richtungen
ausbreitet und dadurch ins Endlose verdünnt, das ist eine andere
Frage, deren grundsätzliche Bedeutung schon früher von mir betont
wurde.
So klingt denn mein heutiger Bericht über unsere Kenntnisse von
dem physikalischen Wesen des Lichts nicht in eine stolze Verkündi-
gung, sondern in ein bescheidenes Fragezeichen aus. In der Tat ist
die Frage, ob die Lichtstrahlen selber gequantelt sind, oder ob die
Quantenwirkung nur in der Materie stattfindet, wohl das erste und
schwerste Dilemma, vor das die ganze Quantentheorie gestellt ist
und dessen Beantwortung ihr erst die weitere Entwicklung weisen
wird.
Ich habe Sie, meine Herren, mit meinen Ausführungen auf engem
Pfade weit, vielleicht weiter als manchem ratsam erscheinen mag, an
die äußerste Front der Forschung zu geleiten versucht, bis an eine
der mancherlei Stellen, wo gegenwärtig Pioniere aller Nationen in
unblutigem Wetteifer darum ringen, auf neuem, unbekanntem Ge-
lände festen Fuß zu. fassen. Auch unsere Kaiser-Wilhelm-Gesell-
schaft ist in gewissem Sinne an diesen Arbeiten beteiligt, da sie ein
besonderes Institut für physikalische Forschung zu gründen beabsich-