Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 2)

  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
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Die Physik im Kampf um die Weltanschauung 
der einen Seite und die Tatsache der Ungenauigkeitsrelation auf der 
andern Seite haben eine Reihe von Physikern veranlaßt, die sta- 
tistische Gesetzmäßigkeit als die einzige und endgültige Grundlage 
für alle gesetzlichen Beziehungen, zunüchst einmal auf dem Gebiete 
der Atomphysik anzusehen und die Frage nach der Kausalitát der 
einzelnen Ereignisse für physikalisch sinnlos zu erklären. 
Hier stoßen wir nun auf einen Punkt, dessen nähere Erörterung 
von besonderer Wichtigkeit ist, da sie tief in die grundsätzliche 
Frage nach der Aufgabe und nach den Leistungen der Physik hinein- 
führt. Wenn man als Aufgabe der physikalischen Wissenschaft die 
Aufdeckung der gesetzmäßigen Beziehungen zwischen den realen 
Vorgängen in der Natur betrachtet, so gehört die Kausalität mit 
zum Wesen der Physik, und ihre grundsätzliche Ausschaltung muß 
zum mindesten als stark bedenklich empfunden werden. 
Vor allem ist zu bemerken, daß die Gültigkeit statistischer Gesetz- 
mäßigkeiten mit dem Walten einer strengen Kausalität sehr wohl 
verträglich ist. Schon die klassische Physik enthält zahlreiche Bei- 
spiele dafür. Wenn z. B. der Druck eines Gases auf die umschlie- 
Bende Gefäßwand durch den unregelmäßigen Anprall der zahlreichen 
nach allen Richtungen durcheinanderfliegenden Gasmoleküle seine 
Erklärung findet, so steht damit nicht in Widerspruch, daß der Stoß 
eines einzelnen Moleküls gegen die Wand oder gegen ein anderes 
Molekül nach einem ganz bestimmten Gesetz erfolgt und daher 
kausal vollkommen determiniert ist. Nun mag man einwenden, daß 
strenge Kausalität bei einem Vorgang erst dann als unwiderleglich 
bewiesen erachtet werden kann, wenn man in der Lage ist, den Ver- 
lauf des Vorganges genau vorauszusagen, daß aber niemand die Be- 
wegung eines einzelnen stofienden Moleküls zu kontrollieren vermag. 
Demgegenüber ist zu erwidern, daß ein wirkliches genaues Voraus- 
sagen eines Vorganges in der Natur überhaupt in keinem einzigen 
Falle möglich ist, und daß daher von einer unmittelbaren exakten 
experimentellen Prüfung der Gültigkeit des Kausalgesetzes niemals 
die Rede sein kann. Bei jeder noch so genauen Messung zeigen sich 
unvermeidliche Beobachtungsfehler. Deswegen wird aber doch so- 
wohl das Messungsergebnis als auch jeder einzelne Beobachtungs- 
fehler auf besondere kausale Bedingungen zurückgeführt. Wenn 
wir am Meeresufer dem Spiel der schäumenden Brandung zu- 
schauen, so hindert uns nichts an der Überzeugung, daß jedes ein- 
zelne Wasserbläschen bei seiner Bewegung streng kausalen Ge- 
setzen folgt, obwohl wir nicht daran denken können, sein Entstehen 
und Vergehen im einzelnen zu verfolgen, geschweige denn voraus- 
zuberechnen. 
Aber jetzt wird hier die Ungenauigkeitsrelation ins Feld geführt. 
Solange die klassische Physik in Geltung war, konnte man hoffen, 
   
  
  
	        
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