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Die Physik im Kampf um die Weltanschauung
daf$ die unvermeidlichen Beobachtungsfehler durch gehôrige Steige-
rung der Mefigenauigkeit unter jede Grenze herabzumindern seien.
Diese Hoffnung ist seit der Entdeckung des elementaren Wirkungs-
quantums zunichte geworden. Denn das Wirkungsquantum setzt eine
bestimmte objektive Grenze für die erreichbare Genauigkeit fest, und
innerhalb dieser Grenze gibt es keine Kausalitát mehr, sondern nur
noch Unsicherheit und Zufall.
Die Antwort auf diesen Einwand haben wir schon vorbereitet. Der
Grund für die Ungenauigkeit der Messungen in der Atomphysik
braucht nicht in einem Versagen der Kausalitát zu liegen, sondern
sie kann ebensowohl auf einem Fehler der Begriffsbildung und der
daran anknüpfenden Fragestellung beruhen.
Gerade die Wechselwirkungen zwischen dem Messungsvorgang
und dem realen Vorgang sind es ja, welche uns die Ungenauigkeits-
beziehung wenigstens bis zu einem gewissen Grade kausal verstànd-
lich machten. Danach können wir die Bewegung eines Elektrons
ebensowenig im einzelnen verfolgen, wie wir etwa ein farbiges Bild
sehen können, dessen Dimensionen noch kleiner sind als die Welln
linge seiner Farbe.
Freilich: den Gedanken, daß es mit der Zeit doch einmal gelingen
werde, die Unsicherheit physikalischer Messungen durch Verfeine-
rung der Messungsinstrumente in unbeschränktem MafB herab-
zumindern, müssen wir als sinnlos ablehnen. Aber gerade die Exi-
stenz einer derartigen objektiven Schranke, wie sie durch das ele-
mentare Wirkungsquantum dargestellt wird, muf5 als ein Zeichen
für das Walten einer gewissen neuartigen Gesetzliehkeit bewertet
werden, die doch ihrerseits sicherlich nicht auf Statistik zurück-
geführt werden kann. Und ebenso wie das Wirkungsquantum stellt
auch jede andere elementare Konstante, wie z. B. die Ladung oder
die Masse eines Elektrons, eine absolut gegebene reale Größe vor,
und es erscheint mir völlig abwegig, wenn man diesen universellen
Konstanten, wie es die Verneiner jeglicher Kausalität eigentlich
konsequenterweise tun müßten, eine gewisse prinzipielle Ungenauig-
keit beilegen wollte.
Daß den Messungen in der Atomphysik eine prinzipielle Genauig-
keitsgrenze gezogen ist, wird auch durch die Überlegung verständlich,
daß die Messungsinstrumente ja selber aus Atomen bestehen und
daß die Genauigkeit jedes Meßinstrumentes ihre Grenze findet in
der Empfindlichkeit, mit der es anspricht. Mit einer Brückenwaage
kann man nicht auf Milligramme genau messen.
Wenn man nun aber nur Brückenwaagen zur Verfügung hat und
wenn jede Aussicht fehlt, sich feinere Waagen zu verschaffen? Ist es
dann nicht ratsamer, auf den Versuch genauer Wägungen grundsätz-
lich zu verzichten und die Frage nach den einzelnen Milligrammen